Humburg-Haus

Humburg-Haus

Zur Geschichte des Hauses und der Familie Humburg

Das Humburg-Haus, heute eines der ältesten Häuser der Stadt, wurde 1783 erbaut, als Ersatz für einen durch Feuer vernichteten Vorgängerbau, wie es die Inschrift am Sturz der „Babendör“ (Eingangstür zur Chemnitzstraße) verrät.

Die Inschrift über der Eingangstür

Es ist ein Zweiständerhaus und als niederdeutsches Fachhallenhaus typisch für die alten Bauernhäuser in Norddeutschland, stand aber bereits damals nicht in einem Dorf, sondern im Flecken Barmstedt, in dem sich das Handwerk konzentrierte. Es gehörte damit zum Großendorf, während die Nachbarhäuser zu Barmstedt gehörten. Wahrscheinlich über 150 Jahre war es ein Durchfahrtshaus und hatte eine durchlaufende Große Diele (Grootdeel) mit Lehmboden, durch die die Erntewagen von hinten ein- und vorne leer ausfahren konnten. „Beidseitig der auf der hinteren Seite liegenden zentralen Groot Dör, der Futterdiele, liegen die Kübbungen mit den Stallungen in Form von Tiefställen für Kühe, Rinder und Pferde. Im deckenlastigen Bergeraum des großen Bodens lagert das Heu und Getreide, welches direkt vom eingebrachten Erntewagen durch die Deckenöffnungen – Einstak – oder Abwurfluken – eingebracht wird“, schreibt C. I. Johannsen, der ehemalige Direktor des Freilichtmuseums Molfsee über diesen Haustyp. Zunächst war vorne quer eine offene Vordiele mit seitlichen Wohnräumen, den Luchten, vorhanden sowie eine Seitentür („blangendör“), wahrscheinlich zur direkten Verbindung zwischen Waschplatz und Hofbrunnen.

Die Chemnitzstraße im Winter 1909, kurz bevor die Linde vor dem Humburghaus gefällt wurde.

An der Ostseite befand sich eine angebaute Schmiede, gemäß dem Haupterwerb der Humburgs seit dem 16. Jahrhundert. Der Großvater des letzten Bewohners ließ sie 1882 abreißen, weil er das traditionelle Handwerk der Humburgs nicht mehr ausübte. An deren Stelle entstand etwa zur gleichen Zeit das östlich stehende – ebenfalls im Humburgschen Besitz befindliche – gründerzeitliche Wohnhaus, in dem sich kurzzeitig die Barmstedter Polizeiwache befand. Hier und auf dem Humburghof wurde im Jahre 1975 der Tatort „Kurzschluss“ mit Hauptkommissar Finke gedreht.

Später, wahrscheinlich 1940, wurde dann der Wohnteil abgetrennt und das vordere Tor durch die heutige Babendör ersetzt. Leider wurde im unteren Giebelbereich das Fachwerk entfernt.

Die Familie Humburg

Durch Amtsbücher der Schauenburger und Rantzauer Grafen und ab 1669 durch Kirchenbücher lässt sich die Familie Humburg über 11 Generationen bis 1582 zurückverfolgen. Mindestens seit dem 16. Jahrhundert, genauer 1590, waren die Vorfahren Schmiede gewesen, wie eine alte Rechnung aus dem Jahre 1596 (s. unten rechts) von Harm Humborg an das „Haus Barmstede“ zeigt. Hierin gibt er an, was die gräflich-schauenburgische Kasse des Amtes Barmstedt, dessen Sitz damals die Burg auf den Krückauinseln war, ihm für geleistete Schmiedearbeiten von Michaelis 1595 bis Ostern 1596 schuldete. Als Währung galt zu der Zeit die Lübsche Mark, von der eine 16 Schilling wert war. Ein Schilling hatte 12 Pfennige. Für die Schmiedearbeit von Michaelis bis Ostern, also für ein halbes Jahr, wurden acht Mark, zwei Schilling und sechs Pfennige berechnet. Das Original der Rechnung befindet sich im Privatarchiv der Schauenburger Grafen in Bückeburg.

Otto Humburg

Der Vater des letzten Bewohners übernahm 1903 das Haus und baute es zu einem reinen Bauernhaus mitten in der Stadt um. Durch die breite Groot Dör konnten Ackerwagen in die Diele fahren und vorne zur Straße wieder hinaus. Ackerbau wurde jedoch bis zuletzt nur für den Eigenbedarf betrieben. Der Hof hatte für seine Kühe eine angrenzende große, meist etwas sumpfige und oft überschwemmte Wiesenfläche, die bis zu den Windungen der Krückau reichte. Vor dem Haus stand bis zum 15.03.1909 eine doppelkronige Linde (s. Bild). Nach ihr wurde der gegenüber liegende Gasthof „Zur Linde“ benannt.

Eine alte Schmiede-Rechnung der Familie Humburg aus dem Jahre 1596.

Hinter dem Hof befanden sich die Humburgschen Wiesen, die jahrhundertelang eine sumpfige Auenlandschaft gewesen waren, häufig überflutet, wenn der Müller im Winterhalbjahr von seinem Staurecht Gebrauch machte. Die dort mäandrierende Krückau wurde ab 1933 im Zuge einer Flurbereinigungsmaßnahme vom Reichsarbeitsdienst kanalisiert und die Wiesen trockengelegt. Diese groß angelegte Maßnahme war von der Stadt schon länger geplant worden und führte zu einer völligen Umgestaltung des Krückaubettes im Barmstedter Stadtgebiet und zur Entstehung des Rantzauer Sees. Zunächst wurden hierfür freiwillige Arbeitslose über die Arbeitsämter geworben, ab 1935 waren es dann aber zum Reichsarbeitsdienst zwangsverpflichtete junge Männer, die dort im Sinne des Nationalsozialismus eine vormilitärische Arbeitserziehung und ideologischen Drill erhielten, bevor sie zur Wehrmacht eingezogen wurden.

Vor der Kanalisierung der Krückau waren die Humburg-Wiesen und das Kirchenland oft überschwemmt.

Am Haus wurde etwa 1940 vorn links eine Brandmauer eingezogen, so dass das Fachwerk nur im Vordergiebel erhalten blieb. Außerdem musste die breite Vordertür der heutigen schmalen „Babendör“ Platz machen.

Der letzte Bewohner der Hauses war der Bruder des Stifters, Hermann Humburg (1904-1988). Er war ein sehr beliebter, immer freundlicher Nachbar, der alle kannte und seine Milchkannen noch selbst bis Anfang der 1980er Jahre mit dem Fahrrad zur Meierei brachte. Er wohnte dort noch bis 1987.

Hermann Humburg (1904-1988)

Das „Humburghaus“ – kultureller Anziehungspunkt mitten in Barmstedt

Der Stifter Dr. med Ernst Heinrich Humburg (1912-1999)

Nach dem Tod seines Bruder übertrug der in Hamburg lebende Dr. med. Ernst-Heinrich Humburg (1912-1999) am 26.05.1989 im Wege einer fiduziarischen Schenkung Haus und Grundstück von etwa einem Hektar auf die Stadt Barmstedt. Danach wurde das historische Gebäude zunächst aufwändig renoviert und restauriert, das Wirtschaftsgebäude abgerissen und die Fläche zusammen mit dem Hof in einen idyllischen dörflichen Platz mit Bauerngarten, Streuobstgarten und Wiesen verwandelt. Den klassischen und viel beachteten Bauerngarten legte Dr. Humburg noch selbst an. Er ging dort bis zu seinem Tod mit Anpflanzungen und Pflege sehr oft seinem Hobby nach.

In die Umgestaltung wurde auch die südlich angrenzende Fläche einbezogen. Aus den zugehörigen Wiesen und den früher dahinter befindlichen Schrebergärten machte die Stadt Barmstedt 1991/92 den „Krückaupark“, eine wasserdurchzogene Naturlandschaft, die sich als Auwald (fast) ohne menschlichen Eingriff entwickeln kann. Die ursprünglich geplante, allerdings umstrittene, Remäandrierung der Krückau ließ sich nicht finanzieren.

Der Hof von Süden gesehen mit der Streuobstwiese und dem Scheunengebäude davor, Foto von ca. 1985, die Scheune wurde abgerissen, dort befindet sich jetzt der Bauerngarten.

Die Verwaltung des Hauses übernahm ein am 21.03.1992 von Dr.Ernst Heinrich Humburg gegründeter Verein, der durch die Satzung verpflichtet wurde, die Einhaltung der Auflagen durch die Stadt Barmstedt aus dem Schenkungsvertrag sowie aus den mit der Stadt geschlossenen Verträgen zu überwachen. Damit wird sichergestellt, dass dieses Kleinod nach dem Willen des Stifters für Barmstedt noch lange erhalten und genutzt werden kann. Die Verwaltung obliegt der Stadt, aber der Verein hat über alle wesentlichen Veränderungen mit zu entscheiden.

Das Haus soll laut Schenkungsvertrag ausschließlich öffentlich genutzt werden und ist deshalb heute für die Bürger und Vereine der Stadt ein wichtiger Treffpunkt, an dem Privatfeiern, Vereinssitzungen und Kultur-Veranstaltungen stattfinden.

Fast immer ausverkauft sind die hochkarätigen Musik-, Literatur- oder Kabarettveranstaltungen des Barmstedter Kulturvereins „Pfiff„, der hier wegen der urigen Atmosphäre seine wichtigste Spielstätte hat.

Quellen:

  • 850 Jahre Barmsted, hg. von der Stadt Barmstedt 1990
  • Archiv Peter Steenbuck
  • Ausstellung und Bilder im Humburg-Haus (Utlucht, Eingangsbereich)
  • Barmstedter Zeitung
  • Barmstedt – geschichtliche Schau, Hans Dössel, hg. von der Stadt Barmstedt 1988
  • Carl Ingwer Johannsen: Bunte Bauernhauslandschaften in Schleswig-Holstein

Verfasser: Andreas Lenz, Michael Theilig, Peter Steenbuck

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