Christian Reichsgraf zu Rantzau

Christian Reichsgraf zu Rantzau

Christian Rantzau (* 2. Mai 1614 auf Schloss Hadersleben; † 8. November 1663 in Kopenhagen) wurde zum Begründer der Freien Reichsgrafschaft Rantzau, die von 1650 bis 1726 auf dem nördlichen Gebiet des heutigen Kreises Pinneberg existierte. Sie umfasste das damalige Amt Barmstedt, also die heutigen Städte Barmstedt und Elmshorn incl. der umliegenden Dörfer.

Christian Rantzau war vom dänischen König und Herzog Friedrich III. gleich nach dessen Regierungsantritt 1648 zum königlichen Statthalter für seine holsteinischen und schleswigschen Anteile an den Herzogtümern ernannt worden. Bereits seine Vorfahren hatten das Amt des königlichen Statthalters besessen. Der Vater Gerd Rantzau (1558-1627) war schon gestorben, als er 13 Jahre alt war. Sein Name als Enkel des berühmten und reichen Humanisten Heinrich Rantzau und Urenkel des „Königsmachers“ Johann Rantzau hatte ihm neben der uradligen Abstammung (Stammbaum der Rantzau) von vornherein beste Voraussetzungen für eine staatliche Karriere verschafft. Er war von 1627 – 1629 auf der Ritterakademie Soroe, machte seine Kavalierstour durch die Niederlande und Frankreich, wurde 1635 Begleiter Christians IV. auf seiner Norwegen-Reise. 1640 erhielt er sein erstes Amt als holsteinischer Landrat und Amtmann in Rendsburg, während des Torstensson-Krieges stieg er auf zum Generalkriegskommissar in Kopenhagen, wobei sein Schloss Breitenburg bei Itzehoe 1643 zum zweiten Mal geplündert wurde. Seit 1645 war er außerdem zum Dompropsten zu Hamburg ernannt worden, ohne dass er dafür irgendwelche Verpflichtungen hatte. Durch die Heirat mit der Tochter Detlev Rantzaus auf Panker kam zu seinem Allodialbesitz Breitenburg und Rantzau in Wagrien/Ostholstein, Lindewitt und Giesingholm auch noch Neuendorf (westlich von Elmshorn) und Drage (nordwestlich von Itzehoe) hinzu.

Rantzau-Wappen am Grafenstuhl in der Heiligen-Geist-Kirche, Barmstedt.

Auf der von Johann Rantzau erbauten und von Heinrich zum Renaisssanceschloss ausgebauten Breitenburg bei Itzehoe hatte auch Christian Rantzau seinen Stammsitz. Dieser befand sich noch im Wiederaufbau nach den Brandschatzungen des Torstensson-Krieges 1643-45 Näheres zur Geschichte.

Der neue König und Herzog Friedrich III. (1609*/1648-1670) ernannte ihn gleich nach seiner Thronbesteigung zum Geheimen Rat und Statthalter der Herzogtümer, die er von Glückstadt aus regieren konnte, machte ihn bald auch noch zum Amtmann in der Steinburg, in der Nähe der Breitenburg, ab 1650 auch in Süderdithmarschen und auf Langeland. Er war so zu einem der einflussreichsten und reichsten Männer im dänischen Königreich und v. a. in den Herzogtümern geworden.

Das Amt Barmstedt Diese Darstellung der späteren Reichsgrafschaft Rantzau stellt einen Ausschnitt aus der Karte des Fürstentums Stormarn dar, die der Husumer Kartograph Johannes Mejer im Auftrag des dänischen Statthalter Christian Rantzau vor dem Kauf 1650 angefertigt hatte. Man erkennt, dass das Amt Barmstedt in etwa dem Einzugsgebiet der Krückau und dem Oberlauf der Krempau (Hörner Dörfer) entspricht. Der Unterlauf der Krückau bildet die Grenze zwischen der Bilenbarger Marsch und Seester. Als Kirchen sind Barmstede und Elmeshorn eingetragen. Zwei Mühlen liegen an der Krückau, eine bei Barmstede (Bullenhoff) und eine östlich von Elmeshorn an einem kleinen Stausee.

Das Amt Barmstedt war von 1322 bis 1640 Teil der Schauenburgischen Grafschaft Holstein-Pinneberg gewesen. Der Amtmann auf dem Haus Barmstedt hatte dem Drosten auf Schloss Pinneberg unterstanden. Nach dem Aussterben der Schauenburger Grafenfamilie, die seit Adolf I. im Hochmittelalter Holstein und zeitweise auch das Herzogtum Schleswig beherrscht hatten, erklärte der dänische König Christian IV., Holstein-Pinneberg sei ein heimgefallenes Reichslehen und ein Teil des Herzogtums Holstein. Er nahm daraufhin die gräflichen Ländereien in Besitz und ließ sich von den Eingesessenen huldigen. Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorp machte aber ebenso wie die Mutter des verstorbenen Schauenburgers, die nachweisen konnte, dass es ein erblicher Familienbesitz sei, die gleichen Ansprüche geltend. Am 7. Dez. 1640 kam es zu einem Vergleich: König und Herzog kauften der Grafenmutter die Grafschaft ab. Der König erhielt 3/5 (wegen der bisherigen Unkosten), der Herzog 2/5 des Territoriums. Alles zusammen soll mit 800.000 Talern veranschlagt worden sein. Der königliche Teil wurde als Herrschaft Pinneberg nicht mit dem Herzogtum Holstein verbunden, sondern gesondert verwaltet.

Das Amt Barmstedt nebst Elmshorn, veranschlagt zusammen für 150.000 Taler und 10.000 in bar, kam an den Gottorfer Herzog. Das 2. Fünftel erhielt der Herzog 1642 auf dem Kieler Umschlag mit 160.000 Talern ausgezahlt. Jeder Landesherr ließ seinen Anteil durch einen Drosten verwalten und setzte zur Aufsicht über die Kirchen einen Probsten ein. Entgegen der Forderung der Holsteinischen Landstände wurde die ehemalige Grafschaft Holstein-Pinneberg nicht dem Herzogtum Holstein einverleibt, sondern blieb im Einvernehmen beider Herrscher ein für sich bestehender Landesteil (bis 1806), ähnlich dem Bistum Lübeck. Drost über den herzoglichen Anteil Barmstedt und Elmshorn wurde Anthon von Wietersheim. Die Kirchenaufsicht hatte vorher beim Superintendanten Johann Gisenius in Rinteln gelegen. Der Herzog setzte jetzt seinen holsteinischen Probsten Paul Sperling ein. Die Bauern hatten neben den Abgaben Hand- und Spanndienste zu leisten, was bedeutete, dass jeder an einigen Tagen der Woche auf den herrschaftlichen Ländereien zu arbeiten hatte. Leibeigenschaft wie auf den ostholsteinischen Gütern gab es hier nicht. (Rauert)

Entwurfszeichnung von 1653 zum Umbau des Hauses Barmstedt, möglicherweise eigenhändig durch den Grafen

Durch den Kauf- und Permutationsakt vom 28.12.1649 erwarb der dänische Statthalter Christian Rantzau vom Gottorfer Herzog Friedrich III. zum Preis von 201.000 Speciestalern das Amt Barmstedt und ließ dort ein Schloss errichten. Nach dem Plan des Drosten Kielmannsegge und des Statthalters Rantzau wurde das Amt mit allen „Gerechtigkeiten“ gegen Rantzaus Güter in Wagrien und Koxbüll (Amt Husum) + 101.000 Taler getauscht. Später kaufte er das Stammgut Rantzau der Familie in Wagrien zurück. Durch diesen Kauf kam er in den Besitz eines reichsrechtlich unabhängigen Lehens, das allerdings noch vom Kaiser gebilligt werden musste. Er ließ sich am 5. Januar 1650 von seinen neuen Untertanen auf dem Haus Barmstedt, jetzt Haus Rantzau und bald Schloss Rantzau huldigen.

Münzen des Grafen Christian Rantzau

1650 konnte Christian Rantzau als Gesandter seines Königs Friedrich III. in Wien stellvertretend die Belehnung mit dessen Herzogtum Holstein durch den deutsch-römischen König Ferdinand III. entgegennehmen und für sich selbst erreichen, dass dieser die Vertauschung und den Verkauf der Gebiete (Gottorf – Rantzau) bestätigte. Der Kaiser erhob ihn mit Datum vom 16. und 20. November 1650 zum freien Reichsgrafen (Comitiv und Pallatinat), gleichzeitig auch sein Amt Barmstedt zur Deutschen Freien Reichsgrafschaft, einem Miniatur-Fürstentum, von denen es damals im Heiligen Römischen Reich etliche gab.

Damit war dieses kleine Gebiet, das nur aus den Kirchspielen Barmstedt und Elmshorn incl. der umliegenden Dörfer bestand, direktes Lehen des Reiches und weder den beiden holsteinischen Herzögen noch einer anderen Instanz als dem Reich untergeordnet, wenn auch Teil des niedersächsischen Kreises. Die Erbfolge wurde nach der Primogenitur (nur der erstgeborene Sohn tritt das Erbe an) bestimmt, es sei denn der Erstgeborene sei unfähig zu regieren. Ebenfalls wurden Abfindungsregeln festgelegt.

Er nahm alle Hoheitsrechte wahr, ließ Portugalöser und Thaler prägen, hob Gelehrte in den Adelsstand und hielt einen fürstlichen Hofstaat. Dafür ließ er das Schloss Rantzau bauen, das bis 1804, wenn auch verändert und erweitert, stand. Für die Untergehörigen schaffte er die vielen Hoftage und Fuhren ab, verpachtete stattdessen sämtliche Hofländereien und traf Vereinbarungen über die zu leistenden Dienste und Fuhren. In Elmshorn stiftete er in seinem letzten Lebensjahr ein großes Armenhaus, aus dem später der Präbendenstift wurde. Die kirchliche Aufsicht in der neuen Grafschaft lag beim Elmshorner Pastor Johann Feusting. Der neue Reichsgraf lebte meist auf der Breitenburg, die er nach den Zerstörungen der Kriege repräsentativ ausbaute, war aber oft in Staatsgeschäften unterwegs. 1651 wurde er zusätzlich zu seinen übrigen Ämtern zum Präsidenten des Staatskollegiums erhoben.

Präbendenstift in Elmshorn

1662 wurde die Grafschaft Rantzau auf dem Kreistag zu Lüneburg als ein Kreisstand des Niedersächsischen Kreises aufgenommen und zu 4 1/3 Reiter und 5 1/3 Mann Infanterie zum Reichcontingent angesetzt. Der neue Graf Christian setzte einen eigenen Prediger, Johann Lassenius, als Propst ein, berief ihn aber erst 1669 und ernannte ihn zum Hofprediger. Neben dem Schlossbau bei Barmstedt hinterließ Christian ein anderes Bauwerk und eine für die damalige Zeit fortschrittliche Institution, die sich über Jahrhunderte hielt: Am Michaelistag 1663 gründete er den Präbendenstift in Elmshorn mit eigener Kapelle und Glocke. Dieses Haus, auch Spital oder Hospital genannt, diente der Versorgung (= Präbende) armer und alter Menschen in der Grafschaft, Herrschaft Breitenburg und den anderen gräflichen Gütern. Es umfasste sieben Wohnungen bzw. Abteilungen oder Zellen für 13 Arme, je 2 in einer Zelle. Der 14. Platz sollte immer für einen alten Hofdiener offen bleiben. Mann und Frau sollten nicht zusammen und auch nicht mit ihren Kindern in einer Zelle leben und über alle „darin befindlichen Personen“ sollte ein „genaues Verzeichnis“ geführt werden. Aus der Stiftungssumme von 12.700 Reichsthalern erhielten die Präbenden 50 Reichsthaler und dazu das Nutzungsrecht an einem Küchengarten. Ende des 18. Jahrhunderts war die Zahl der Plätze auf 33 angewachsen, außerdem hatten die Bewohner das Recht auf zusätzliche Mittel in Krankheitsfällen erhalten. Jeder Arme, der im Präbendenhaus aufgenommen wurde, musste ein Bett mitbringen, welches nach seinem Tod nebst allem Nachlass dem Stiftungsvermögen zufloss. Das Begräbnis wurde aus der entsprechend gekürzten ersten Quartalszahlung finanziert.

Verwaltet wurde diese Stiftung von einem gewichtigen Überbau, bestehend aus dem Landesherrn, den Predigern – dem Catecheten als Hospitalsprediger, dem Kirchspielvogt zu Elmshorn und zwei Vorstehern. Die den Fond ausmachenden Obligationen und Dokumente wurden in einer blechernen Lade im Präbendenhaus aufbewahrt, zu der nur der Graf, später der Administrator den Schlüssel besaß. Die Lade wiederum befand sich in einem Schrank mit Vorhängeschloss. Der Schlüssel zum Schrank war in den Händen des Probsten, der zum Vorhängeschloss beim Kirchspielsvogt. (thor Straten, S. 157)

Der Trauerzug für Christian Rantzau war entsprechend dem abgebildeten Vorbild des Gottorfer Herzogs gestaltet.

Rantzau wurde im Juli 1663 von König Friedrich III. nach Kopenhagen gerufen, wurde dort jedoch so krank, dass er schließlich das Krankenlager nicht mehr verlassen konnte und in seinem Palais an der Store Kannikestraede nach 14 Tagen am 8. November 1663 im Alter von 49 Jahren verstarb. Sein Sohn und Nachfolger, der 19-jährige Graf Detlef zu Rantzau, befand sich gerade zusammen mit zwei Vettern und seinem Breitenburger Hofmeister (Hauslehrer) auf einer Bildungsreise (Kavalierstour) in Nordfrankreich.

Über sein Begräbnis hatte Rantzau vorher in einem Testament ausführliche Anweisungen gegeben, denn ein Leichenbegängnis hochgestellter Personen war zu dieser Zeit ein Staatsereignis ersten Ranges. Drei Jahre vorher war der fünf Jahre vorher gestorbene Gottorfer Herzog Friedrich III. mit einem phantastischen Zeremoniell bestattet worden, über das sein Hofbibliothekar Adam Olearius ein Werk herausgegeben hatte, das neben 75 Illustrationen genaue Unterrichtungen über die Leichentracht und die Trauerkleidung aller an der Trauer-Prozession teilnehmenden Gruppen wiedergab. Daher war das Zeremoniell für den Oberstatthalter der Herzogtümer und freien Reichsgrafen zu Rantzau ein fast ebenso wichtiges Ereignis, das genauestens vorbereitet werden musste. Entgegen dem Testament ordnete der König selber die Zeremonien an.

Die Abführung des Sarges aus Kopenhagen erfolgte am 10. Dezember am Abend mit großem Karossen-Gefolge, während alle Glocken der Stadt läuteten. Das wiederholte sich in allen Städten, durch die der Sarg auf seinem Weg nach Flensburg gerollt wurde. Hier blieb er viele Monate in Warteposition für die nächste Etappe nach Kiel, wo er in der Sakristei der Nikolaikirche aufgebahrt werden sollte. Kiel war der bevorzugte Ort für große Beerdigungen, da hier viele Adlige ihre Stadthäuser hatten. Erst im April des nächsten Jahres wurden auf der Breitenburg intensivere Vorbereitungen für den weiteren Trauerzug gemacht. In Preetz bestellte man einen silbernen Prunksarg, die Einladung und Einteilung der adligen Würdenträger und übrigen Begleiter des Sarges wurde geplant und das entsprechende Trauerzubehör inclusive der dem Rang gebührenden Insignien wie Helm, Harnisch und Ritterhandschuhe in Hamburg geordert. Am 7. Juni 1664 fand schließlich die Überführung nach Kiel statt. Die ausführliche Beschreibung des pompösen Ereignisses, das hier zunächst auf dem Weg zum Kieler Schloss, dann zur Nikolaikirche und schließlich nach Itzehoe in die Gruft unter der St.Laurentii-Kirche stattfand, findet man in dem unten aufgeführten Aufsatz von Rudolf Zöllner.

Verfasser: Michael Theilig

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