Überblick
Man sieht es der malerischen Schloßinsel mit ihren hohen alten Bäumen und eindrucksvollen Gebäuden an: Sie gehört – neben der Kirche, deren Vorgängerin 1140 als Mittelpunkt eines Kirchspiels erwähnt wird und wahrscheinlich sehr viel älter ist – zu den wirklich historischen Orten im heutigen Stadtgebiet von Barmstedt. Sie wurde als mittelalterliche Befestigung wahrscheinlich schon von den Rittern von Barmstede als Wasserburg in der Krückau angelegt. Der Rantzauer See, in dem die Insel heute liegt, wurde zwar erst in den 1930er Jahren angelegt, die viele Jahrhunderte lang regelmäßig künstlich herbeigeführten Überschwemmungen der Au als Staubecken des Wassermüllers entsprachen aber in gewissem Maße dem Bild, das sich heute ergibt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bestand der heutige Inselkomplex allerdings aus mehreren Inseln, die durch Brücken miteinander verbunden waren. Die Rantzauer Wassermühle, deren Räder sich immer noch drehen, gehört zu den ältesten Mühlen in Schleswig-Holstein.
Die Burg gelangte 1322 durch Kauf in den Besitz der Schauenburger Grafen und wurde Verwaltungssitz des Amtes Barmstedt, einem Gebiet, das dem nördlichen Gebiet des heutigen Kreises Pinneberg entsprach und damals den nördlichen Bereich der Grafschaft Holstein-Pinneberg umfasste. Es bestand aus den beiden Kirchspielen Barmstedt und Elmshorn.
Nach dem Aussterben der Schauenburger 1640 kam es kurzzeitig unter Gottorfer Herrschaft, bevor es im Jahre 1650 zur Reichsgrafschaft Rantzau wurde, einem Miniaturfürstentum des Heiligen Römischen Reichs. Auf den Krückauinseln entstand daraufhin ein Schloss als Residenz des hauptsächlich auf der Breitenburg oder auf Drage lebenden Grafen Rantzau. Schon nach drei Generationen endete die Existenz dieser freien Reichsgrafschaft und das Schloss und die Grafschaft fielen 1721 unter die Herrschaft des dänischen Königs, der auf dem Schloss Rantzau jetzt adlige Administratoren als Verwalter der ehemaligen Grafschaft einsetzte. Das alte Schloss wurde 1806 abgerissen und durch ein klassizistisches Herrenhaus ersetzt.
1863 kam die Administratur Rantzau nach dem Einmarsch preußischer Truppen unter Zwangsverwaltung des Deutschen Bundes und wurde nach 1866 Teil des neu gebildeten Kreises Pinneberg in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die Schloßinsel wurde zum Sitz eines Amtsgerichts, das bis 1975 existierte, während des Zweiten Weltkrieges kurzzeitig aufgehoben und zum Marinegericht geworden war.
Heute: In das ehemalige Amtsgericht zog das Museum der Grafschaft Rantzau ein. Nach Restaurierung der alten Gebäudesubstanz aus dem 19. Jahrhundert ging die Schloßinsel 1984 in das Eigentum der Stadt Barmstedt über. Das Schloßgefängnis ist inzwischen zu einem beliebten Ausflugscafé mit Ausstellungsräumen geworden, im Gerichtsschreiberhaus betreibt die Malerin und Bildhauerin Karin Weißenbacher ihr offenes Atelier unter dem Namen Galerie III und veranstaltet hier internationale Kunstausstellungen. Die Remise ist zu einer künstlerischen Töpferwerkstatt geworden, in der die Kunsthandwerkerin Andrea Marjanowic individuelle Keramik herstellt und anbietet. Das sogenannte Schloss, ein klassizistischer Bau von 1806, wird privat bewohnt.
Entstehung der Burganlage – Rittersitz
Möglicherweise in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde an der Stelle der heutigen Schloßinsel in der Krückau eine Wasserburg angelegt. Da bisher noch keine systematischen archäologischen Untersuchungen stattgefunden haben, orientiert sich die nebenstehende Rekonstruktion an den ältesten verlässlichen Grundrissen der Schloßinsel des ersten Landeskonservators von Schleswig-Holstein, Richard Haupt, (s. u.) und an den Modellen anderer rekonstruierter Turmhügelburgen, z. B. Lütjenburg in Ostholstein. Die heutige Lage ist einerseits durch die Zuschüttungen zwischen den Inseln aus dem 19. Jahrhundert und andererseits durch die Anlage des Rantzauer Sees ab 1934 stark verändert. Die Rekonstruktion zeigt zwei von Wasser umflossene Inseln, um die herum ein Wall aufgeschüttet ist, der wiederum vom Wasser der Krückau umflossen ist. Der ringförmige Wall ist über eine Zugbrücke vom Land aus zu erreichen und mit der ersten der beiden Inseln verbunden, diese wiederum mit der eigentlichen Burginsel. Hier befindet sich ein hölzerner Turm, der die letzte Verteidigungsanlage darstellt. Auch bei Langeln und Uetersen werden für diese Zeit Burgbauten vermutet. Es gibt jedoch keine Quellen zur Entstehung der Anlagen, nur archäologische Befunde. Unklar ist bis heute, ob die Inseln und der Mühlenstau künstlich angelegt wurden oder natürlichen Ursprungs sind. Die hier vorliegende natürliche Barre in der von der Krückau durchflossenen Geestlandschaft ließ sich jedenfalls leicht für eine Verteidigungsanlage nutzen, indem durch ihre Erhöhung eine Überschwemmung der Landschaft um die Inseln herum erreicht werden konnte. Ob die Inseln durch Aushebung des Burgrabens erst aufgeschüttet wurden oder natürliche Gegebenheiten darstellten, kann derzeit nicht beantwortet werden. Weiteres zu den Krückauinseln.
Die älteste Quelle, die eine curtis, also einen befestigten Wirtschaftshof, Gutshof, Fronhof oder auch Gerichtshof, in Barmstedt erwähnt, ist die Schenkungsurkunde des Bremer Erzbischofs Adalbero (Adalbert II.), in der das Hamburger Domkapitel die Rechte an verschiedenen Gütern in Stormarn, Holstein und Dithmarschen zugesprochen wird. Hier wurde u.a. „der Hof (curtis) in Eppenthorp, der Hof in Reinlage (Rellingen) und der Hof in Barmitste mit allem Zubehör, Äckern, Handdiensten, Wiesen, Grundbesitzen, Wäldern, Weiden, Gewässern, Mühlen, den Zehnten und allen übrigen Nutzungen, die zu den Steuern ihrer Präbenden gehören … und den ganzen Zehnten von jeder der beiden Parochien (Kirchspiele), nämlich von Ethelingstede, Barmetstede übereignet.“ Urkunde des Adalbero Barmstedt wird hier mit den Begrifflichkeiten curtis (Hof) und parochie (Kirchspiel, niederdeutsch: Kerspel) erwähnt. Es handelt sich also um einen großen Hof mit einer Siedlung und einer Kirche als Mittelpunkt eines – damals – sehr großen Kirchspiels. Der Standort dieser Kirche lässt sich zweifelsfrei klären, da die Grundmauern innerhalb der heutigen Heiligen-Geist-Kirche bei Ausgrabungen im Jahre 1968 gefunden wurden.
Ob allerdings der Hof sich in der Nähe des Kirchdorfs oder – was näher liegt – bei der wahrscheinlich auf den Krückauinseln gelegenen – in den Quellen aus dieser Zeit aber nicht erwähnten – Burg gelegen hat, ist nicht klar. Man kann aber sicherlich davon ausgehen, dass mit den erwähnten Mühlen die Wassermühle am heutigen Standort bei den Krückauinseln und möglicherweise die in Elmshorn gemeint sind.
Fast gleichzeitig mit der Erwähnung des Hofes und des Dorfes Barmstedt treten zum ersten Mal die Ritter mit gleichem Namen auf, allerdings nicht im Zusammenhang mit Hof oder Kirchspiel, sondern als Zeugen in Urkunden, zum ersten Mal in der Person des Heinricus advocatus de Barmizstide im Jahr 1149. Als Vasall des Schauenburger Grafen Adolfs II. wird dieser Heinrich I. von Barmstede in einer Urkunde des sächsischen Herzogs Heinrich der Löwe als Zeuge aufgeführt. Nach Neuschäffer war er zu dieser Zeit gräflich Schauenburger Vogt des Ortes und des Kirchspiels Barmstedt (Neuschäffer, S. 2) oder nach anderen Autoren des Domkapitels Hamburg. Die Herkunft der Familie – und damit auch des Namens – ist unbekannt. Ob also die Ritter den Namen mitbrachten und der Ort nach ihnen benannt wurde oder andersherum, die Ritter ihren Namen vom Ort Barmstede ableiteten, bleibt unklar. Sie gehörten aber mit wenigen anderen ritterschaftlichen Familien in der Mitte des 12. Jahrhunderts zum alteingesessenen Landadel (Domini, Nobiles, Edelfreie) mit großem Grundbesitz in Stormarn (Barmstedt, Elmeshorn, Uetersen) und in Dithmarschen und waren Gefolgsleute und Ratgeber der Schauenburger Grafen. Da sie auch bei der Aufstellung des Heerbannes mitgewirkt haben, wird Heinrich mit seinen Knappen am Wendenkreuzzug von 1147 teilgenommen haben. Sie waren teils verschwägert mit den Overboden, also der führenden Familie des sächsischen Adels im Gau Stormarn, die Vorsitzende der Gaugerichte und Heerführer waren. Gleichzeitig waren sie Advocati im Dienst des Erzbistums Bremen und verwalteten für ihr Gebiet deren Grundbesitz – also u. a. die „curtis in Barmitste“ – und die Einkünfte – u. a. den Zehnten des Barmstedter Kirchspiels – für das Domkapitel in Hamburg.
Die Barmstedes waren mächtige Grundherren und prägten ebenso die Gegend wie die Grafen von Schauenburg, die Erzbischöfe von Bremen und das Domkapitel von Hamburg. Sie haben möglicherweise die Burg auf der heutigen Schlossinsel angelegt und mindestens eine weitere beim heutigen Uetersen. Jedoch gibt es bisher keine zeitgenössischen Quellen zur mittelalterlichen Burganlage. Für die Barmstedes wird urkundlich nur der Sitz in Uetersen zur Zeit von deren Klostergründung dort erwähnt. Das Haus in Barmstedt auf den Krückauinseln wird zum ersten Mal 1652 in der „Neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein“ von Caspar Dankwerth erwähnt. „Dieser Hoff oder das Gebäw so annitzo stehet ist Anno 1270 von Graff Otto zu Schawenburg … erbaut worden.“ Nach Meinung des Landeskonservators Richard Haupt (Bau- und Kunstdenkmäler 1888) entstand es in dem Zustand von 1650 aber erst im 16. Jahrhundert. Über die erste Bebauung gibt es also nur Mutmaßungen.
Der Stammsitz der Barmstedes ist also nicht dokumentiert. Es wird aber aufgrund der Burganlage und ihres Namens meist angenommen, dass sie oberhalb des heutigen Mühlenstaus eine Wasserburg auf den drei Krückauinseln (heutige Schlossinsel Rantzau) besaßen, da die Insellage innerhalb des Sumpfgebiets der mäandrierenden Krückau gute Verteidigungsmöglichkeiten bot. Unklar ist bisher, ob hier auch der befestigte Hof (curtis) Barmstedt zu verorten ist. Neben der Bezeichnung „curtis“ gab es nach Hirschfeld (S.4) im Mittelalter für solche Anlagen auch die Ausdrücke „curia“ und „castrum“. Curia bezeichnete im 13. Jahrhundert die Bezeichnung für einen ritterlichen Hof als Typus zwischen einer ritterlichen Burg (castrum) und Bauernhof, der immerhin durch Umwallung geschützt war. Die Übergänge seien aber fließend gewesen und hätten sich der jeweiligen Landschaftsform angepasst. Die Höfe hätten in oder neben Dörfern gelegen, die Burgen aber abseits vom normalen Siedlungsplatz in Niederungen als Sicherung gegen Überfälle.
Als Bauform der Burgen des 12. und 13. Jahrhunderts wird heute meist die Turmhügelburg (Motte) vermutet, wie sie als experimenteller Wiederaufbau in Lütjenburg neu entstanden ist. Auch die Hatzburg bei Wedel wird in ihrer Ursprungsform diesem Typus entspochen haben, wie er auf der obigen Zeichnung z.B. auch für die Motte in Attendorn-Berlinghausen vermutet wird. Da es keine gewachsenen Felsabbaugebiete in der norddeutschen Tiefebene gibt, waren die Wohn- und Verteidigungsbauten nicht wie im Rheinland aus Stein, sondern fast ausschließlich aus Erde und Holz gebaut, welches – sofern nicht besondere Bedingungen vorliegen – inzwischen vollständig verschwunden ist. Reste solcher Burgen sind deshalb nur nachgewiesen worden, wenn der Bauplatz nicht wiederverwendet wurde und Wall- oder andere Bodenformationen übrig blieben. Eine solche Fundstelle gibt es an der Krückau oberhalb von Barmstedt, wo sich am Ufer der Krückau eine Turmhügelburg bei Langeln befunden haben muss. Die Barmstedter Burg in der Krückau wurde jedenfalls später durch ein Schloss überbaut. Möglicherweise gab es mehrere solcher Burgen in unserem Gebiet. Die Barmstedes selbst besaßen nachweislich eine Burg (castrum) in Uetersen, deren Standort nach der Klostergründung verlegt wurde.
Ob es zur damaligen Zeit bereits eine Mühle gegeben hat, ist nicht bekannt. Wassermühlen allerdings wurden damals mit teils großem Aufwand angelegt. Für Hamburg, die zentrale Stadt und Burg der Grafschaft Stormarn ist beispielsweise dokumentiert, dass dort 1189 ein Damm durch die Alster gebaut wurde, um eine Kornmühle zu betreiben. Sie wurde an einen Müller verpachtet, der dafür einen Teil an die gräfliche Kasse weiterzugeben hatte.
Die Umstände, die zum Ende der ritterlichen Herrschaft über die Barmstedter Region gegen Ende des 13. oder zu Beginn des 14. Jahrhunderts führten, ist noch unklar. Die Ursachen dürften mit den allgemeinen Strömungen dieser Zeit zusammenhängen und könnten eine Folge der Schauenburger Herrschaftsausdehnung zu Lasten des niederen Adels sein. So bleibt für Barmstedt sowohl die Frage des Wohnsitzes auf den Krückauinseln als auch die der herrschaftlichen Zugehörigkeit vor Beginn der schauenburgischen Herrschaft im Jahre 1322 im Dunkeln.
Schauenburger Amtmann auf der Burg – Sitz des Amtes Barmstedt (Kirchspiele Barmstedt und Elmshorn)
1322 kauften die Schauenburger vom Hamburger Domkapitel die Burg bei Barmstedt mit sämtlichen Einkünften incl. Uetersen, außerdem Rellingen im Austausch gegen Wohldorf, Rahlstedt und Bergstedt. Diese Gebiete waren die vorletzten Stücke der endgültigen „Grafschaft Holstein-Schauenburg“ bzw. „Holstein Pinneberg“ bzw. „Herrschaft Pinneberg“ mit den Ämtern Pinneberg, Hatzburg, Barmstedt, ab 1390 auch Herzhorn, den Vogteien Ottensen und Uetersen und dem Flecken Altona. Verwaltet wurde das Gebiet von einem Drosten auf der Hatzburg bei Wedel an der Elbe. Ihm unterstanden die Amtmänner und Vögte.
1333 wird zum ersten Mal das Amt Barmstedt erwähnt, das von einem Amtmann auf Haus Barmstedt verwaltet wird. Es entspricht in seinen Grenzen etwa dem Urkirchspiel Barmstedt. Zum Amt gehörten die Kirchspiele Barmstedt (incl. Hörner Gilde, ohne Bilsen) und Elmshorn. Den Amtmännern unterstanden direkt der Kornschreiber, das Personal auf der Burg und dem Hof und der Vogt von Elmshorn. Die Bauern und Kätner mussten Hand- und Spanndienste für die herrschaftlichen Ländereien leisten, was bedeutete, dass sie zu allen Arbeiten, die auf dem Hof anfielen, herangezogen wurde, also zur Düngung, Aussaat, Ernte, Streubeschaffung oder Holzverkauf. Dabei mussten sie ihre Gespanne zur Verfügung stellen. Niemand durfte aber mehr als zwei Tage die Woche zu diesen „Hoftagen“ herangezogen werden. Während der Arbeit wurden sie frei verpflegt. Die Ländereien, aus denen das Gut Barmstedt entstand, umfassten 20 Morgen und 7,5 Ruten Marsch in Sommerland, 13 Morgen Marschland in Rahefelde, 61,5 Morgen und 20 3/6 Ruten Geestland und 38 1/2 Morgen und 25 13/15 Ruten Wiesenland. Die Flurnamen der Geestländereien waren: Neuer Hopfengarten, alter Hopfengarten, Pferdekoppel im Osten, Kuhkoppel im Osten, Mölenwiese im Osten, Bullenkuhlenwiese Lusewinkelswiese im Norden, Schafwaschwiese im Norden, Offenauer Wiese, Schweinekoppel an der Aue, Osterwiese, Jasenwinkelskamp, Rettekamp, Kalekamp, kleines Moorkamp, Tidenhof mit Bornerkamp, Wendkamp, Bötkerskamp. Außer den Hopfengärten unmittelbar am Vorwerk gelegen waren diese Koppeln, Wiesen und Kämpe in der Feldmark verstreut. (Dössel, S. 64)
Wahrscheinlich 1370 wurde (nach Dankwerth 1270, dem hier wohl mit Recht ein Schreibfehler in seiner 1652 erschienenen Neue Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein unterstellt wird), „der Hoff oder das Gebäw so annitzo stehet“, nämlich das Haus Barmstedt von Graf Otto zu Schawenburg erbaut. Richard Haupt nimmt demgegenüber an, dass die Entstehungszeit des Hauses im 16. Jahrhundert anzusetzen sei. Auf jeden Fall wurde die vorher bestehende Burg abgebrochen und ein herrschaftliches Haus an gleicher Stelle erbaut. Über seine Größe und sein Aussehen gibt es nur Mutmaßungen. Sicher ist lediglich seine Lage auf den drei Krückauinseln, der heutigen Schlossinsel.
1588 wird die Pinneberger Landtafel von Daniel Freese im Auftrag von Graf Adolf XIV. von Holstein-Schauenburg fertiggestellt. Das mit kunstvollen Details ausgestattete Landkarten-Gemälde (5m x 4,50m) mit 650 historischen Orts- und Flurbezeichnungen der Grafschaft Holstein-Pinneberg und 62 Wappen des Schauenburger Adelsgeschlechts ist eines der ersten seiner Zeit. Das Original hängt im Bückeburger Schloss, dem letzten Sitz der Schauenburger Grafen, der sich seine ferne Pinneberger Herrschaft auf diese Weise ständig vor Augen führen konnte. Kopien hängen auch im Pinneberger Ratssaal und im Altonaer Museum. Barmstedt als „Barmstede“ wird als umfriedetes Kirchdorf an der Krückau – kleiner als Elmshorn – dargestellt, mit einem nördlich gelegenen Galgenhügel. Daneben die vom Barmsteder Wolth eingerahmte herrschaftliche Anlage auf den Inseln im Fluss mit einem vorgelegenen Gutshof. Der Galgenhügel macht deutlich, dass der Amtmann auch die Halsgerichtsbarkeit besaß. Aus dieser Epoche stammt die bis heute im nordwestlichen Barmstedt existierende Straßen- und Flurbezeichnung Galgenberg.
Zum Amt und Haus (Gut) Barmstedt sind ab 1600 – nach Dössel – erstmals ausführliche schriftliche Unterlagen zu Einnahmen- und Ausgabenregister, Voranschlägen, Pachtverträgen u. Ä. erhalten geblieben. So können für diese Zeit zugehörige Gebiete, Bewohner, Verwaltungsaufbau, Dienstpflichten, wirtschaftliche Verhältnisse und Einkommen bestimmter Berufsgruppen nachvollzogen werden. Als Bewohner des Amtes Barmstedt werden aufgeführt als zum Kirchspiel Elmshorn gehörig die „Raherleutte, Elmßhorner Fleckesleutte, Kaltenwweider, Spiekerleutte, Hasenbüscher, Sandtberger“. „Das Caspell Barmstedte mit Bockholtz, Hanredder, Aspern, Großen Offensetz, Lütken Offensethe, Bokelseß, Westerhorn, Osterhorn, Bokel, Brande, Lützhorn, Hede, Langlen, Hemdingen, Tiensen, Bevern, Seth, Colling, Kirchdorff“ (1; StAK, AX83). Bullenkuhlen, Ellerhoop, Eekholt, Sparrieshoop werden nicht genannt, möglicherweise weil die Ortsbezeichnungen damals nicht gebräuchlich waren, so Dössel.
Die Amtmänner, von denen die Namen Otto Schriewer, Albrecht Werk und Daniel Utecht überliefert sind, wohnten auf dem Haus Barmstedt auf den heutigen Schlossinseln. Sie waren dem Drosten in Pinneberg unterstellt, an den auch die erwirtschafteten Überschüsse abgeführt werden mussten: Zwischen 1600 und 1617 betrugen sie zwischen 7.463 und 15.693 Mark jährlich. Die Einnahmen stammten aus „stehenden Pflichten“, verkauftem Korn, verkauftem Holz (für Mühlen, Vorwerke, Brücken, Marschbewohner), „Brüchen“ (verhängten Strafen), Barmstedter und Elmshorner Dienstgeldern (Ablösung eines Teils der Hand- und Spanndienste), der 3- oder 5-jährigen „Bede“, dem „Hühnergeld“, der Schweinemast in den gräflichen Hölzungen, der Fischerei (u. a. in der Aue und dem Burggraben), Jagdergebnissen des Jägerknechts) und schließlich den Einnahmen aus den Mühlen. Die Wassermühle war bis 1605 eine Hausmühle, danach wurde sie – wie der Hof – verpachtet, so dass eine gleichbleibende feste Einnahme entstand. Dasselbe galt für die anderen Mühlen des Amtes, u. a. in Bokel.
Im Amt Barmstedt gab es damals 112,5 „Bauleute“ (Bauernstellen), 185 Kätner und 45 Brinksitzer (Tagelöhner/Kleinstbauern), im Barmstedter Kirchdorf selbst gab es 7 Bauleute und 22 Kätner.
Der Amtmann in Barmstedt hatte neben seinen Aufgaben als herrschaftlicher Beamter auch für die Bewirtschaftung der gräflichen Ländereien zu sorgen. Diese Aufgabe wandelte sich um 1600. Fast überall in den Herzogtümern wurden die herrschaftlichen Ländereien wegen der krisenhaften Entwicklungen auf den Absatzmärkten um die Wende des Jahrhunderts verpachtet, so dass anstelle einer je nach Konjunktur größeren oder geringeren Einnahme ein festes Pachtgeld in die herrschaftlichen Kassen floss. Die Ländereien des Hauses Barmstedt pachtete der dortige Amtmann Dr. Joh. Treimann für 2000 Taler (u. a. Dienstgeldentschädigung für gräfliche Kasse: 200 Taler für 40 Bauleute (Bauern) und 100 Taler für 50 Kätner, die er zum Ackerbau nötig hatte. Dazu gehörten auch 20 Morgen Marschland in Sommerland, 61 Morgen Grasland, 38 ½ Morgen Deichland, 4 Moorkoppeln, die Schäferei, Sommerweidung aller Redder (Wege mit Hecken auf beiden Seiten) [Ehlers S.108] Der volle Baumann zahlte an Dienstgeld ca. 20 Taler, Kätner verschieden, Brinksitzer. [Ehlers S.104]
In den Jahren 1599, 1607 und 1611 führte der Amtmann und Pächter im Haus Barmstedt Hexenprozesse durch, in denen mehrere Frauen nach langen Verhören unter Folter „gestanden“, Umgang mit dem Teufel gehabt zu haben und an Tod, Krankheit und Missernten durch Zauberei schuld zu sein. Alle diese Frauen starben auf dem Scheiterhaufen. Die Gerichtsakten sind von Hans Dössel ausführlich dargestellt.
1640 starb der letzte Schauenburger, Graf Otto IV. von Schaumburg (Holstein-Schauenburg), Landesherr der Grafschaft Holstein-Pinneberg, ohne Erben. Der dänische König Christian IV. nahm daraufhin mit der Begründung, es sei ein heimgefallenes Reichslehen und ein Teil des Herzogtums Holstein, die gräflichen Ländereien in Besitz und ließ sich von den Eingesessenen huldigen. Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorp machte aber ebenso wie die Mutter des verstorbenen Schauenburgers, die nachweisen konnte, dass es ein erblicher Familienbesitz sei, die gleichen Ansprüche geltend. Am 7. Dez. 1640 kam es zu einem Vergleich: König und Herzog kauften der Grafenmutter die Grafschaft ab. Der König erhielt 3/5 (wegen der bisherigen Unkosten), der Herzog 2/5 des Territoriums. Alles zusammen soll mit 800.000 Talern veranschlagt worden sein. Der königliche Teil wurde als Herrschaft Pinneberg nicht mit dem Herzogtum Holstein verbunden, sondern gesondert verwaltet.
Das Amt Barmstedt nebst Elmshorn, veranschlagt zusammen für 150.000 Taler und 10.000 in bar, kam an den Gottorfer Herzog. Das 2. Fünftel erhielt der Herzog 1642 auf dem Kieler Umschlag mit 160.000 Talern ausgezahlt. Jeder Landesherr ließ seinen Anteil durch einen Drosten verwalten und setzte zur Aufsicht über die Kirchen einen Probsten ein. Entgegen der Forderung der Holsteinischen Landstände wurde die ehemalige Grafschaft Holstein-Pinneberg nicht dem Herzogtum Holstein einverleibt, sondern blieb im Einvernehmen beider Herrscher ein für sich bestehender Landesteil (bis 1806), ähnlich dem Bistum Lübeck. Drost über den herzoglichen Anteil Barmstedt und Elmshorn wurde Anthon von Wietersheim. Die Kirchenaufsicht hatte vorher beim Superintendanten Johann Gisenius in Rinteln gelegen. Der Herzog setzte jetzt seinen holsteinischen Probsten Paul Sperling ein. Die Bauern hatten neben den Abgaben Hand- und Spanndienste zu leisten, was bedeutete, dass jeder an einigen Tagen der Woche auf den herrschaftlichen Ländereien zu arbeiten hatte. Leibeigenschaft wie auf den ostholsteinischen Gütern gab es hier nicht. (Rauert).
Herrschaftssitz der Grafen zu Rantzau
Am 28.12.1649 erwarb Christian Rantzau, der dänische Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein, vom Gottorfer Herzog Friedrich III. zum Preis von 201.000 Speciestalern das ehemals schauenburgische Amt Barmstedt und ließ dort – auf den drei Inseln der Au – ein Schloss errichten. Der Sinn des Kaufs bestand für Rantzau, einen der reichsten und mächtigsten Männer im dänischen Königreich, darin, ein reichsunmittelbares Lehen zu erwerben, durch das er direkt herrschaftliche Rechte als Reichsfürst erhalten konnte, sofern dieses vom Kaiser gebilligt wurde. Rantzaus Stammsitz, die Breitenburg, lag nicht weit entfernt, war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch durch die Zerstörungen der eben beendeten Kriege kaum bewohnbar. Da er als Statthalter in Glückstadt residierte und gleichzeitig königlicher Amtmann auf der Steinburg war, musste ihm das Amt Barmstedt, das vom befreundeten gottorfischen Drosten Kielmannsegge verwaltet wurde, als ein sehr günstiger Zuerwerb erscheinen. Er konnte das Amt mit allen „Gerechtigkeiten“ gegen seine Güter in Wagrien und Koxbüll (Amt Husum) und 101.000 Taler mit dem Gottorfer Herzog tauschen. Das alte Stammgut der Familie Rantzau in Wagrien konnte er allerdings bald zurück kaufen.
Gleich nach dem Kauf ließ er sich – am 5. Januar 1650 – von seinen neuen Untertanen auf dem Haus Barmstedt, jetzt „Schloß“ Rantzau huldigen. Seine Erhöhung zum Reichsgrafen (Comitiv und Pallatinat) und die Erhebung des Amtes Barmstedt zur Freien Reichsgrafschaft des Heiligen Römischen Reichs konnte Rantzau erreichen, als er 1650 als Gesandter des dänischen Königs Friedrich III. in Wien stellvertretend die Belehnung mit dessen Herzogtum Holstein durch den deutsch-römischen König Ferdinand III. entgegennehmen durfte. Seine sehr großzügigen Geschenke an den Kaiser und sein prächtiges Auftreten ermöglichten ihm, für sich selbst zu erreichen, dass dieser die Vertauschung und den Verkauf der Gebiete mit dem Gottorfer bestätigte und ihn entsprechend erhöhte.
Damit war dieses kleine Gebiet, das praktisch nur aus den Kirchspielen Barmstedt und Elmshorn bestand – wobei die Dörfer ringsum damals dazugehörten – direktes Lehen des Reiches und weder den beiden holsteinischen Herzögen noch einer anderen Instanz als dem Reich untergeordnet, wenn auch Teil des niedersächsischen Kreises. Die Erbfolge wurde nach der Primogenitur (nur der erstgeborene Sohn tritt das Erbe an) bestimmt, es sei denn der Erstgeborene sei unfähig zu regieren. Ebenfalls wurden Abfindungsregeln festgelegt.
Christian Rantzau nahm alle Hoheitsrechte wahr, ließ Portugalöser und Thaler prägen, hob Gelehrte in den Adelsstand und hielt einen fürstlichen Hofstaat. Dafür ließ er das Schloss Rantzau bauen, das bis 1804, wenn auch verändert und erweitert, stand. Die abgebildete Umbau-Skizze befand sich in den gräflichen Akten und stammt wahrscheinlich von Graf Christian persönlich. Für die Untergehörigen schaffte er die vielen Hoftage und Fuhren ab, verpachtete stattdessen sämtliche Hofländereien und traf Vereinbarungen über die zu leistenden Dienste und Fuhren.
Der neue Reichsgraf lebte allerdings selten auf Schloss Rantzau, häufiger auf der Breitenburg, das er nach den Zerstörungen der Kriege repräsentativ ausbaute, war aber oft in Staatsgeschäften unterwegs. 1651 wurde er zusätzlich zu seinen übrigen Ämtern zum Präsidenten des Staatskollegiums erhoben.
Schloss Rantzau war im Verhältnis zur Breitenburg zwar recht viel bescheidener, aber als Zentrale seiner neuen Reichsgrafschaft nutzte Graf Christian sein Schlösschen bei Barmstedt durchaus auch zu repräsentativen Zwecken, z. B. beim Empfang des dänischen Königs. Auch sein Nachfolger, Graf Detlev, hielt sich selten hier, sondern eher auf seinem Gut Drage nördlich von Itzehoe auf. Als er 1697 starb, mussten alle Untertanen sich vor Schloss Rantzau versammeln und mit aufgehobenen Händen den durch Inspector Hildebrand von einem Fenster aus verlesenen Treu-Eid auf den neuen Grafen Christian Detlev schwören. Dieser wiederum hatte um sein Schloss und die Grafschaft zu kämpfen, da er schon bald mit dem dänischen König, dem Gottorfer Herzog und seinen Untertanen in schwere Konflikte geriet. Geschichte Während seiner umstrittenen Regierungszeit wurde das Schloss mehrere Male „erobert“ und wieder „befreit“. Als schließlich nach seiner Ermordung 1721 die Grafschaft vom dänischen König sequestriert wurde, schaffte man das gesamte Inventar des Schlosses, v.a. den gesamten Archivbestand, fort.
Sitz der königlich dänischen Administratur
Fortan war das Schloss Sitz der könig-herzoglichen Verwaltung unter Leitung eines Administrators und die Grafschaft Teil des dänischen Gesamtstaates.
Die Sequestrierung (Beschlagnahme und zunächst Zwangsverwaltung) durch den königlichen Conferenzrath und Landrat Blome zu Neversdorf am Tage der Urteilsverkündung fand offenbar innerhalb der Grafschaft ohne großen Widerspruch statt. Auf Schloss Rantzau wurden alle „Eingesessenen“ (Bewohner) zum Gehorsam verpflichtet und das gesamte gräfliche Eigentum sowie das Archiv ausgeliefert. Zwei Notare nahmen ein genaues Inventar der Grafschaft auf. „Die gräflichen Gebäude wurden in Augenschein genommen, und die darin befindlichen Mobilien, so wie alles sonstige gräfliche Eigenthum verzeichnet. Die sämmtlichen Unterthanen wurden um ihr Saat- und Wischländereien, wie auch Torfmoor befragt, und aus ihren Quitungsbüchern notirt, was sie dafür jährlich bezahlen mußten und in wie weit sie bezahlt hatten.“ (Rauert, S. 20) Die einzige Erbin war die Schwester der beiden Grafen. Catharina Hedewig, verheiratet mit dem Grafen von Castell-Rudenhausen, erbte aufgrund eines Vergleichs mit dem König alle Allodialgüter (den uneingeschränkten Besitz der Familie: Breitenburg, Drage, Lindewitt, Giesingholm, Neuendorf, Rantzauin Wagrien) und Mobilien (bewegliche Ausstattung) und übernahm die Prozess- und Gefängniskosten, verzichtete darüber hinaus auf alle Rechte an der Grafschaft.
Heinrich Blome residierte in der Folge als Administrator auf Schloss Rantzau bis 1730. Ihm folgte Christian Albrecht John (1730-1738), dann Georg Wilhelm Baron von Söhlenthal (1738-1768). In dieser Zeit kam es infolge günstiger Konjunktur und merkantilistischer Maßnahmen auch in der Grafschaft zu wirtschaftlichem Aufschwung. Das Schloss wurde repräsentativ erweitert. Die Umbauzeichnung stammt von 1756 und liegt im Landesarchiv.
Rekonstruktion der Schlossinseln Rantzau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Helmut Trede erstellte dieses Modell auf der Grundlage des Insel-Grundrisses von thor Straten und der baulichen Situation nach 1756.
- Hintere Insel: Das Schloss mit Seitenflügeln. Dahinter auf dem lang gestreckten Inselwurm, dem Rest des alten Ringwalls, der als Bleiche benutzt wurde, ein kleines Gartenhäuschen.
- Mittlere Insel: Gerichtsgebäude, davor die Baracke, in der u.a. manchmal Soldaten einquartiert wurden.
- Vordere Insel: Links das Amtsverwalterhaus, schräg dahinter die „Remise“, ein kleiner Schuppen des Amtsverwalters. Rechts Pförtnerhaus mit Gefängnis auf der vorderen Insel, davor die Zugbrücke, dahinter „der große Stall“. Von diesen Gebäuden blieb nur die Remise erhalten. Alle anderen wurden im 19. Jahrhundert abgerissen und – bis auf den Stall – ersetzt.
- Vorwerk mit großem Wirtschaftsgebäude, kleinen Nebengebäuden (unten) und dem Backhaus (rechts). Davon ist nichts mehr vorhanden.
- Mühle mit Müllerhaus und Scheune. Beide Gebäude inzwischen abgerissen und ersetzt.
Söhlenthal war wie sein König, Christian VI., Pietist und seit seiner Studienzeit Freund Zinzendorfs, des Gründers der Herrnhuter Brüdergemeine, einer konfessionell freien Gruppe, deren Mitglieder konsequent christlich leben wollten. Den Kontakt zu dieser Gruppe hielt Söhlenthal durch den gemeinsamen Freund Anton Heinrich Walbaum, der ihn auf Rantzau auch besuchte und dies ausführlich in seinem veröffentlichten Tagebuch festhielt.
1753 wurde ein großer Stall für 12 Pferde mit Wagenremise und für Kühe neben dem Pförtnerhaus neu errichtet. Er stand bis 1868 und wurde dann ersatzlos abgerissen.
1768-1784 amtierte Administrator Christian von Brandt auf Rantzau, 1784-1789 Johann Otto Niemann.
Auf der abgebildeten schon sehr präzisen Varendorfschen Karte von 1789/96 sind die drei Schlossinseln innerhalb des Burggrabens nahezu gleich groß, fast kreisförmig und in einer Reihe angeordnet dargestellt. Man gelangte von einer zur anderen über Brücken, erst im 19. Jahrhundert wurden die Gräben zwischen ihnen zugeschüttet. Südwestlich ist die Wassermühle erkennbar, westlich befand sich das Vorwerk und der Garten. Umgeben ist die Anlage von Wiesen, durch die sich die Aue (Krückau) schlängelt. Westlich befinden sich Waldstücke, die deutlich kleiner waren als heute.
Das Wegesystem ist teilweise mit unserem heutigen identisch, teils unterscheidet es sich. So führte die – unbefestigte – Landstraße nach Altona über Bevern an der Mühle vorbei und bog erst danach parallel zum Schleusengraben nach Süden ab. Um von Rantzau aus nach Elmshorn zu gelangen, ritt, ging oder fuhr man auf seinem Pferdewagen zunächst zur Oh-Kate (heutige Esso-Tankstelle), wo sich der Weg gabelte, und dann in einem Zickzackkurs auf einem Sandweg durch den Wald nach Voßloch und weiter nach Offenau und Elmshorn.
Rantzau verliert sein Schloss – Das 19. Jahrhundert beginnt
Während es in Frankreich zur großen – von den gebildeten Schichten zunächst überall bejubelten – Revolution kam, wurde in den Herzogtümern und im dänischen Königreich unter der faktischen Regierung des Kronprinzen eine aufgeklärte, an wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung orientierte Politik betrieben. Administrator auf Rantzau war von 1789 – 1795 Friedrich von Bardenfleth (Kammerherr und Landrath), während dessen Zeit das große Vorwerksgebäude unter der Aufsicht des für Holstein und Altona zuständigen, durch klassizistische Bauten in Altona berühmt gewordenen Landbaumeisters Christian Frederik Hansen errichtet wurde. (Trede 2011, S. 32) Amtsverwalter war bis 1792 Philip Georg Friederich von Reck (Regierungsrath). Ihm folgte bis 1801 Heinrich Theophilius Christian Hasse (Legationsrath und Doctor der Rechte) Als Administrator folgte 1795 – 1798 Hinrich Friedrich von Eggers (Conferenzrath und Ritter). Amtsverwalter wurde 1801 Hildemar thor Straten (Kriegsrath). Administrator war 1798 Nicolaus Otto Baron von Pechlin (Kammerherr) geworden. Nach Aussage seines Nachfolgers von Hennings war dieser jedoch unzuverlässig (Ritschl, S.156). Auch thor Straten klagt über die Amtsführung seines Vorgängers. (thor Straten, S.91) Aber es kam in der Zeit Pechlins und thor Stratens zu einer entscheidenden Veränderung auf Rantzau, nämlich zum Abriss des Schlosses und seiner Ersetzung durch einen erheblich schlichteren Neubau. Über deren Hintergrund ist bisher wenig Genaues bekannt, außer der Tatsache, dass die Bausubstanz des Schlosses völlig marode war. Graf Reventlow schreibt 1796 in seinen „Reise Bemerkungen“:
„Ich besah mir das Haus des Administrators. Das ganze Wesen ist eine abscheuliche meist aus kleinen Löchern bestehende Schrummeley. Bald geht es Trepp auf und bald herunter. Alles ist von Fachwerk. Das neue Haus ist noch schlechter als das alte gebaut. Unter dem neuen Hause ist fast nirgends fester Grund, und das Haus ist deswegen unglaublich viel von außen und innen gesunken. Ich habe nie so versunkene Scherwende gesehen, und einige gezogene Schornsteine auf so unsicheren Unterlagen sind durch die vielen Risse die sie bekommen gaben, und stets bekommen werden, sehr unsicher.“ (Trede 2011, S.28)
Zur Geschichte dieses auf Graf Christian Rantzau zurückgehenden, 1722 umgebauten und in dänischer Zeit, 1757 und 1758, durch einen großen Flügelanbau erweiterten Schlosses sowie des gesamten Komplexes der Schlossinseln incl. des Vorwerks mit neu aufgefundenen Karten und Zeichnungen hat Helmut Trede ausführlich geforscht und die gut illustrierte Broschüre „Schlossinsel Rantzau. ein geschichtlicher Rückblick“ vorgelegt. (siehe Literaturverzeichnis)
Im Jahre 1804 bzw. 1805 wurde das alte inzwischen dreiflügelige Schloss aus der Zeit um 1650 abgerissen und ein neues Wohnhaus für den Administrator errichtet, das (wohl) heute noch steht. Es gibt unterschiedliche Darstellungen über die Baugeschichte, die hier nur angedeutet werden sollen. Nach Ritschl, der die privaten Unterlagen der Familie des Administrators von Hennings ausgewertet hat, wurde der Neubau vom oben erwähnten Landbaumeister Christian Frederik Hansen im neoklassizistischen Stil errichtet, während von Hennings sich um die Stelle bewarb. Er habe auch die Pläne zugesandt bekommen und sich über die Symmetrieversessenheit Hansens lustig gemacht. Dieser großzügige Bau sei erst zum Einzug von Hennings im Jahre 1808 fertig geworden, im Jahr 1828 aber nach einem Brand von einem ganz schlichten Neubau ersetzt worden. Näheres hier. Nach Hubertus Neuschäffer wurde der Bau jedoch in der heutigen Form 1804 bis 1806 von C.F.Hansens Neffen, dem späteren Bauleiter der Kirche in Quickborn, Johann Matthias Hansen, erbaut. Auch hier (?) hatte allerdings C.F.Hansen den Entwurf geliefert. Helmut Trede konnte – wiederum in seiner 2011 erschienenen Veröffentlichung – nach Auswertung der Bauakten nachweisen, dass der Entwurf zum 1805/06 erbauten Gebäude auf der Schlossinsel vom Bauinspektor Friedrich Christian Heylmann d.Ä. aus Altona stammt. Festhalten lässt sich allerdings, dass der Landbaumeister Hansen zuständig war, im Jahre 1804 aber nach Kopenhagen ging, um das abgebrannte Schloss Christiansborg neu zu errichten, und dabei die Holstein betreffenden Aufgaben an seinen Stellvertreter Heylmann abgab. Interessant ist jedoch die Ähnlichkeit des Rantzauer Gebäudes mit dem auf Hansen zurückzuführenden Herrenhaus auf Gut Krummbek aus dem Jahr 1803. Das gesamte Gebäudeensemble auf den Schlossinseln ist im 19. Jahrhundert erneuert worden.
Ab 1808 wurde August Adolph von Hennings neuer Administrator auf Rantzau. Er war die sicherlich interessanteste und auch bekannteste Persönlichkeit auf diesem Posten. Vor seiner Ernennung zum Administrator in dem von aller Politik weit abgeschiedenen, idyllischen Rantzau hatte er sich bereits einen Namen gemacht als Vorkämpfer der Aufklärung und Menschenrechte, Staatsmann und Schriftsteller.
Möglicherweise um einen ruhigeren Ort als Plön zu finden, hatte von Hennings den regierenden Kronprinz mehrfach um die durch Tod des Vorgängers im August 1807 freigewordene Stellung in Rantzau gebeten und erhielt sie schließlich im Mai 1808. Nach Hamburg, wo seine Töchter Cäcilie Wattenbach und Louise Sieveking wohnten, war es nur 4 Meilen und man konnte an einem Tag mit der Kutsche sowohl hin als auch zurück fahren. Auf Rantzau hatte Hennings im Bereich des Vorwerks einen großen Garten, den er nach den Tagebuchaufzeichnungen seiner Enkelin selbst angelegt hatte. Sie schreibt darüber:
„Eine tiefe Au, ein Mühlenteich und kleinere Kanäle bilden verschiedene Inseln, durch Brücken verbunden. Auf einer derselben liegt das Wohnhaus mit einem Wirtschaftsgebäude, durch eine Brücke mit einer Insel verbunden, die zur Bleiche dient. Zur anderen Seite führt eine Brücke auf eine dritte Insel, welche das Gerichtshaus trug, abermals führt eine vierte Brücke auf die vierte Insel mit dem Wohnhaus des Amtsverwalters und mit Hennings´ Kuhhaus und Pferdestall. Dieses Eiland verband eine Zugbrücke mit dem festen Lande, und dort befand sich erst der eigentliche Garten, ein Blumen- und Gemüsegarten. Rabatten mit Rosen und Johannisbeersträuchern und vielen Sommerblumen faßten lange gerade Wege ein. Buchenhecken bildeten Bogengänge; drei Fischteiche, ein Lusthaus, ein Brunnen und eine Mooshütte waren merkwürdige Punkte und die schönsten Erdbeerbeete breiteten sich verlockend zwischen Rasen und Fruchtbäumen aus. Ich glaube, daß dies alles noch nicht da war, als die Familie im Mai 1808 Besitz nahm von der neuen Stätte.“ (Ritschl, S. 157)
Die Hamburger Enkelkinder befanden sich mit ihren Familien oft hier, da sie wie alle Hamburger unter den Folgen der französischen Besatzung zu leiden hatten. Hennings kaufte 1812 zu seinen Amtsäckern noch den Hof Bollenkuhlen und betrieb jetzt eine richtige eigene Landwirtschaft.
Die Idylle auf Rantzau war jedoch sehr gestört durch das Verhältnis zwischen ihm und dem Amtsverwalter thor Straten. Die Meinungsverschiedenheiten mündeten in gegenseitigen Beschwerden vor dem Schleswig-Holsteinischen Obergericht in Glückstadt und eskalierten im Jahr 1816, als Wilhelm, der Sohn von Hennings, inzwischen Leutnant der hannoverschen Armee, thor Straten wegen Beleidigung seines Vaters zum Duell aufforderte. Erst 1823 wurde thor Straten nach Ahrensbök versetzt, übergab aber noch im gleichen Jahr – nach 22 Jahren Tätigkeit als Amtsverwalter und Hausvoigt – eine umfangreiche handgeschriebene „Beschreibung der Grafschaft Rantzau“, eine kameralistische Darstellung der Administratur mit geschichtlichen Erläuterungen von 738 Seiten an die Königliche Rentekammer in Kopenhagen. Diese Darstellung wurde offensichtlich Grundlage für die spätere Veröffentlichung Rauerts aus dem Jahre 1840. Helmut Trede veröffentlichte im Jahr 2005 dieses Werk und machte es damit für weitere Auswertungen zugänglich. Die Angaben sind außerordentlich detailreich und bieten ein großes Potential für die Lokalgeschichtsforschung. (s. Literaturliste)
Ende Mai 1814 verließen die geschlagenen napoleonischen Truppen das verwüstete und brennende Hamburg. Von Rantzau und Barmstedt aus, wo einige Flüchtlinge Zuflucht gesucht hatten, soll man den Feuerschein der brennenden Häuser des Hamburger Randgebietes gesehen haben. Hennings Sohn Wilhelm war als Soldat schon früh auf die antifranzösische Seite gegangen und damit auch zum Kriegsgegner Dänemarks geworden und rückte jetzt mit dem Feldbatallion Lauenburg in Holstein vor. Diese Koalitions-Truppen fluteten auch über Barmstedt hinweg, um die dänische Festung Glückstadt einzuschließen. Am 9. Dezember 1813 rückten schwedische Husaren in Barmstedt und Rantzau ein. Von jetzt an bis in den Februar mussten die Bewohner die Einquartierung und Verpflegung der Truppen hinnehmen. Nach den Schweden kamen die Russen, dann die Preußen, schließlich Engländer, Hannoveraner und die Hanseatische Legion. In Rantzau ließen sich die Offiziere und Generäle auftischen und die Betten machen, in den anderen Häusern die „Gemeinen“. Sie fühlten sich im Feindesland und sangen nationale Befreiungslieder von Theodor Körner, der als Mitglied des auch hier einquartierten Lützowschen Freikorps, erst wenige Monate vorher gefallen war. Am 1. Januar 1814 kamen feindliche Husaren mit 4000 Mann. Da sie sich in Feindesland sahen, brandschatzten sie nach J.J. Brockmann den Ort (1200 Mark). Als die Einquartierungen endlich beendet waren, folgte eine Typhusepidemie, der viele zum Opfer fielen. (Ritschl, S.167ff)
Mühle und Vorderinsel erhalten neue Gebäude
Nach dem Ende der napoleonischen Kriege wurden auf Rantzau – genau wie in Barmstedt – wichtige öffentliche Baumaßnahmen, die man lange hatte aufschieben müssen, durchgeführt. Auf Rantzau entstanden 1815 ein neues Müllerhaus und eine Scheune. Auf dem Foto lugt das Müllerhaus hinter dem neueren Mühlengebäude von 1863 hervor. Leider musste es nach einem Orkan 1962 abgerissen werden. Die Scheune – ganz hinten auf dem Foto wurde 1970 ebenfalls wegen Baufälligkeit entfernt. Beide Gebäude der alten Rantzauer Wassermühle waren reetgedeckt und im Fachwerkbau errichtet. Über der Grootdör der Scheune war eingeschnitzt: FR VI (Friedrich VI.) den 14ten Seot.1815. Beide Gebäude und die Mühle lagen an der von der Hölzung her kommenden, am Schlossgraben entlang führenden mit Kopfsteinen gepflasterten Landstraße, die zwischen ihnen hindurch nach Bevern und Pinneberg führte. Geradeaus ging es nach Heede. Das im Vordergrund rechts stehende Gebäude wurde erst 1863 als Ersatz für die alte Mühle erbaut. (Trede 2011, S.33ff)
Eine weitere wichtige Baumaßnahme betraf das Amtsverwalterhaus auf der vorderen Insel. Dieses war schon seit Jahrzehnten offenbar in einem sehr schlechten Zustand gewesen. Sowohl der Legationsrat Hasse als auch sein Nachfolger von Straten schrieben eindringliche Briefe über ihre Dienstwohnung an die Rentekammer in Kopenhagen. (Trede 2011, S. 19ff) Im Jahr 1824 endlich – nachdem von Straten gegangen war – wurde ein Neubau errichtet, der seit der Aufhebung der Grafschaft Rantzau in preußischer Zeit als Gerichtsschreiberhaus bezeichnet wird. Auf dem Bild rechts oben ist es im heutigen Zustand aus südlicher Perspektive zu betrachten, deutlich zu erkennen ist das klassizistische Portal. Auf dem unteren Bild sieht man es zusammen mit der gesamten Inselgruppe von Norden aus, dargestellt in einer zeitgenössischen Lithographie des Elmshorner Grafikers R. v. Duhn. Hier ist am rechten Rand des Bildes noch die Zugbrücke zu erkennen, die nachts hochgezogen wurde und 1836 zusammen mit der alten Brücke und dem Pförtnerhaus durch einen stabilen festen Neubau ersetzt wurde. Daneben steht das neue Amtsverwalterhaus von 1824 und dahinter der große Stall neben dem alten Pförtnerhaus und Gefängnis. Vor dem Amtsverwalterhaus befindet sich die heute noch existierende Remise. In der Mitte des Bildes erkennt man zwischen den Bäumen das Gericht, den Vorgängerbau des heutigen Museums, und links hinter den Bäumen das Administratorenwohnhaus.
Der Streit zwischen Hennings und von Straten war nach Verleumdungen im Jahr 1816 bis zur Duell-Forderung, von von Straten zum Mordüberfall hochstilisiert, gediehen und überschattete die durch viele Tode in der Familie Hennings getrübte Zeit. Jetzt aber gab Hennings noch einmal ein größeres schriftstellerisches Werk heraus, das dem in den folgenden Jahrzehnten zunehmenden Rückbezug auf die nationale Geschichte vorgreifen sollte. Die Deutschen, dargestellt in der frühesten Vorzeit, aus den dürftigen Quellen der Geschichte und weit umfassenden Taten ist ein frühes Zeugnis historisch orientierter Germanenkunde, das die antiken Darstellungen neu bewertet und z.B. die Hyperboräer mit den Germanen identifiziert und die Sage von Atlantis auf ein untergegangenes Land in der Nordsee bezieht. Im übrigen hatte Hennings, inzwischen über 70, weiter als Administrator zu arbeiten. Pensionierungen gab es für königliche Beamte nicht. Seine Aufgaben waren: zweimal wöchentlich Gericht halten, die Sitzungen des kirchlichen Konsistoriums leiten, Kirchen visitieren, die Landesverwaltung ausüben. Dadurch hatte er auch nach dem Tod des 93-jährigen bisherigen Propstes Valentiner mit der Einführung von dessen Nachfolger Peter Christian Weller im Jahr 1817 zu tun. Die bisher freie Propstei wurde jetzt der königlichen Generalsuperintendentur unterstellt. Auch offizielle Anlässe, wie die Begleitung des inzwischen zum König gekrönten Friedrich VI., wenn er auf seiner Reise durch Holstein in Elmshorn haltmachte, gehörten zu Hennings Aufgaben, die er sehr gerne erfüllte, da er diesen reformwilligen König verehrte. (Ritschl, S.194) 1824 heiratete seine jüngste Tochter in der Barmstedter Kirche und auf Rantzau den späteren Hamburger Bürgermeister Friederich Sieveking, bei der es durch einen Böllerschuss aus der zur Feier des Ereignisses abgefeuerten, aber zerplatzenden Kanone des Müllers zu einem Todesfall kam. 1826 starb Hennings nach längerer Krankheit und wurde – ohne kirchliche Feier, aber mit einer Gedenkrede seines Freundes Pastor Mielk – auf dem Friedhof an der Kirche begraben.
Als neuer Administrator wurde 1826 – 1829 Hans Christian Diedrich Victor von Levetzow eingesetzt. Dessen Nachfolger von 1829 – 1849 war Otto Johann von Stemann.
1836 wurde das „uralte“ Pförtnerhaus von 1654 am Eingang der Schlossinseln abgerissen. Der große Stall daneben blieb noch stehen. In ihm wohnte der Torwächter und Pförtner, der u.a. nachts die Zugbrücke hochzuziehen und allmorgendlich wieder herabzulassen hatte. Er war gleichzeitig Gerichtsdiener und Gefängniswärter – denn hinter seiner Kammer befanden sich sieben Arrestzellen – und betrieb längere Zeit eine eigene einträgliche Krugwirtschaft. Das neue, heute noch stehende Gebäude hatte wie das alte einen Dachreiter mit Glockenstuhl und Uhr. Das im hinteren Anbau befindliche Gefängnis hatte sechs Zellen und wurde noch bis 1927 benutzt. Die Häftlinge waren v.a. wegen Bettelei, Rauferei und in Trunkenheit verübten Exzessen für 1 bis 2 Tage oder Absitzen von „Brüchen“ verurteilt worden. Die Zellen waren mit Pritsche und Strohsack und spärlichem Mobiliar eingerichtet. Im Sommer machten die Häftlinge oft Gartenarbeit für den Gerichtsdiener. Hin und wieder brachen einige über das Dach aus, um an Vergnügungen (Stoppelmarkt oder Tanzen) teilzunehmen, kamen aber zurück. Im vorderen Bereich gab es eine Amts- und Wachstube sowie 2 Wohnstuben für den Gerichtsdiener und seine Familie. Rundherum war ein Garten angelegt, der selbst genutzt werden durfte. – Mit dem Neubau des Hauses war auch gleichzeitig die alte Brücke durch eine stabilere Holzkonstruktion ersetzt worden. Für den Pförtner entfiel damit das abendliche Aufziehen der Zugbrücke und das morgendliche Herablassen. Stattdessen wurde die Insel jetzt durch eine Pforte gesichert.
Die Grundrisszeichnung links stammt vom Rantzauer Amtsverwalter Rauert, die idyllische Zeichnung von der Schlossinsel Rantzau vom Elmshorner Lithografhen R. V. Duhn. Der Blick geht von Westen entlang der Sichtachse bis zum „Schloß“. Daneben ist der Grundriss der Inseln aus der gleichen Zeit und in der gleichen Sichtrichtung wiedergegeben. Man erkennt, dass aus den drei Inseln, die noch 1805 existierten, zu Rauerts Zeit bereits zwei geworden waren, als nämlich 1818 aufgrund des Vorschlags von Stratens der Wasserlauf zwischen der ersten und zweiten zugeschüttet worden war. Der ganze Komplex war mit dem Vorwerk durch eine Brücke verbunden, die bis 1836 noch als Zugbrücke gebraucht und allabendlich geschlossen wurde.Rechts sieht man die Karte der Grafschaft Rantzau von M. H. T. Rauert von 1852.
Die hier wiedergegebenen Bilder erwecken den Eindruck von einer Rantzauer Idylle, die allerdings in scharfem Kontrast stand zu den politischen, sozialen und ökonomischen Verhältnissen dieser Zeit. Der Amtssitz Rantzau war um die Zeit der Revolution und der schleswig-holsteinischen Erhebung 1848-49 praktisch vakant geblieben, da zunächst ungeklärt blieb, wer die staatliche Autorität beanspruchen konnte, das Bevölkerungswachstum und die Verarmung vieler Menschen hatten bereits Unruhen und Diskussionen über politische Veränderungen nach sich gezogen.
Am 10. Mai 1840 wurde für die Bauern der Mühlzwang aufgehoben. Im Jahr darauf, am 21. April, wurden die Rantzauer- und Bokler Mühle für die Summe von 41.295 Rbthl. (=Reichsbanktaler) auf Erbpacht verpachtet. Der bisherige Müller Jakob Bornholdt wurde der neue Pächter. (J.J.Brockmann)
Als Sekretär des Amtsverwalters – unter Administrator von Stemann – wurde von 1834 bis 1837 Matthias Heinrich Theodor Rauert angestellt. Er ist in der Barmstedter Region berühmt geworden für seine 1840 erschienene Monografie unter dem Titel „Die Grafschaft Rantzau. Ein Beitrag zur genaueren Landeskunde“. Dieses Buch, das weitgehend auf den Vorarbeiten von Stratens beruhte, wurde 1936 mit einem Vorwort von Hans Dössel und als Reprint noch einmal 1983 aufgelegt, da in ihm Geschichte, Größe und Grenzen der Grafschaft, natürliche Beschaffenheit des Bodens, die Moore, Produkte wie Getreide, Viehzucht, Wild, Fische, die Lebensweise der Einwohner: Wohlstand, Nahrung, Bewirtschaftung der Landstellen und vieles Weitere detailliert beschrieben wurde. Mit diesem Buch empfahl sich Rauert in seiner „Vorrede“ als patriotischer Beamter für die Stelle des Amtsverwalters und konnte das Amt auch von 1843 – 1855 bekleiden.
Sein anderes für die Geschichte der Region sehr aufschlussreiches Werk ist die nebenstehende Karte der Grafschaft Rantzau, die relativ exakt die Orte, Straßen, Gewässer, Landschaftsformen und -nutzungen des Amtsbezirks darstellte, der wiederum weitgehend die Grenzen der historischen Grafschaft von 1650 umfasste. Interessant ist neben der Zentralität Rantzaus innerhalb der Grafschaft die Tatsache, dass Elmshorn nur nördlich der Krückau dazu gehörte. Die südlichen Bereiche Klostersande, Vormstegen und Langeloh gehörten zur Herrschaft Pinneberg.
Revolution von 1848 und das Ende der dänischen Herrschaft
Ende der Administratur / Errichtung des Amtsgerichts
Die starke deutsch orientierte Volkbewegung in Holstein organisierte für den 27. Dezember 1863 auf dem Probstenfeld in Elmshorn eine Manifestation, bei der 20.000 Menschen zusammenkamen, um den Augustenburger Herzog zum „Herzog von Schleswig-Holstein“ auszurufen. Der Ort war durch den seit etwa 20 Jahren existierenden Eisenbahnanschluss mitten in Holstein günstig gelegen. Die Anwesenden wollten durch diese Aktion erreichen, dass der Rückenwind der von Süden eingerückten Truppen zu einem eigenständigen deutschen Bundesstaat Schleswig-Holstein genutzt werden konnte. Moltke muss durch diese Versammlung stark verunsichert worden sein, es ging um Oberbeamte wie ihn. Der Antrag auf Vertreibung der Eidleister fand jedoch keine Mehrheit, möglicherweise weil in diesen bürgerlichen Kreisen die Angst vor dem Chaos einer sozialen Revolution durch den „Vierten Stand“, die Arbeiterschaft, zu stark war. In den Zeitungen „Hamburger Presse“ und den „Schleswig-Holsteinischen Blättern“ wurden jedoch Anklagen gegen Moltke laut, er „habe Amtspflichten vorgetäuscht, um nicht an einem allgemeinen Bettage mit andächtig angehörten Reden der Pastoren Harder und Gardthausen teilnehmen zu müssen.“ (Jessen, S. 170) Als Ende Januar preußische Truppen frostig von der Bevölkerung empfangen wurden, stand Moltke, dessen Bruder bereits im Generalstab war, wieder unter höherem Schutz durch den neuen Zivilkommissar, der erklärte, „die treuen Beamten gegen Bedrohung und Verjagung durch das Volk zu schützen.“ Bismarck, der preußische Ministerpräsident, betrieb eine andere Politik, als die nationale Bewegung in Holstein sich gewünscht hatte. Er wollte einen eigenen Bundesstaat Schleswig-Holstein verhindern und stattdessen beide Provinzen dem preußischen Staat einverleiben. (ebd.)
Das diplomatische Tauziehen wurde zunächst durch ein Ultimatum gegen Dänemark zur Herausgabe des Herzogtums Schleswig unterbrochen. In dem folgenden deutsch-dänischen Krieg von 1864 unterlagen die Dänen bei Düppel und mussten im Frieden von Wien (30.10.1864) auf die drei Herzogtümer verzichten. In einem Kondominium, also einer gemeinsamen Verwaltung gelangte Holstein unter österreichische Verwaltung.
Administrator von Moltke schwört Dänemark ab und unterstellt sich Preußen
Adolph von Moltke, der als könig-herzoglicher Administrator dem dänischen König 1852 noch einen Eid geschworen hatte und nun von den neuen Verhältnissen überrannt worden war, befand sich in einer unsicheren Lage. Sein Bruder, der preußische Generalstabschef Helmuth, hielt ihn von einem Rücktritt ab und stützte – als siegreicher Generalstabschef – seine Position. Ein Rücktritt hätte den Verlust aller Einnahmen und damit – wegen fehlenden Eigentums – den Verlust des bisherigen Lebensstandards bedeutet – und der war nicht unerheblich und verursachte Kosten, z. B. für die sechs Kinder. Wilhelm (17) und Helmuth (16) waren inzwischen auf dem Christianeum in Altona, Marie (15), Friedrich (11), Ludwig (9) und Louise (8) wurden auf der Schlossinsel von Hauslehrern unterrichtet. (Jessen, S. 189)
Die Rivalität und Uneinigkeit über die Zukunft Schleswigs und Holsteins zwischen Österreich und Preußen führte im Juni 1866 zum Angriff Preußens auf Holstein und damit zum Deutschen Krieg, der mit dem Sieg Preußens bei Königgrätz am 12.01.1867 zur Einverleibung Schleswig-Holsteins in das Königreich Preußen führte. Damit war auch der Beitritt zum Zollverein und zum Norddeutschen Bund als Ersatz für den aufgelösten Deutschen Bund verbunden.
Auf dem Gebiet der Rantzauer Ländereien, wo sich bereits vorher eine Brauerei befunden hatte, ließ sich der Bauer und Brauer Peter Grelck vom preußischen Finanzministerium in Berlin einen Eiskeller genehmigen. Das Eis wurde im Winter auf den überschwemmten Wiesen der Krückauniederung „geerntet“ und in einer überdachten Grube eingelagert.
Die Rantzauer Administratur unterstand jetzt der neuen Provinzialregierung in Schleswig unter einem preußischen Oberpräsidenten. Moltke übte zunächst weiter sein Amt auf Rantzau aus und musste ab Oktober 1866 preußische Gesetze wie die Trennung von Justiz und Verwaltung, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, preußische Steuergesetze und die Wahlen zum ersten Kreistag umsetzen, teilweise gegen erheblichen Widerstand der Bevölkerung.
Die für Rantzau wichtigste Neuerung war jedoch die Neueinteilung der Verwaltungsbezirke und damit der Verlust seiner Funktion als Verwaltungszentrum. Die Grafschaft Rantzau wurde in den neuen Kreis Pinneberg einbezogen, zusammen mit der Herrschaft Pinneberg, dem Kloster Uetersen (mit Ausnahme des Gutes Horst und der Vogtei Krempdorf), den Adligen Gütern Haseldorf, Haselau und Seestermühe und dem Kanzleigut Flottbek. Für den Posten des zukünftigen Landrats kamen die beiden bisherigen Oberbeamten Moltke (65) und der bisherige Pinneberger Landdrost Friedrich Graf von Baudessin (46) in Frage. Trotz seines Alters schlug der Oberpräsident Scheel-Plessen – wohl auch unter dem Druck von dessen inzwischen einflussreichen Bruder, dem Generalstabschef, – Adolf von Moltke vor, so dass dieser mit Wirkung vom 6. April 1868 sein Amt als Landrat antreten konnte und mit seiner Frau nach Pinneberg in die Drostei umzog. Da Residenzpflicht herrschte, bewohnte er zunächst das Palais mit 25 Räumen, was er sich nur leisten konnte, weil er als ehemaliger dänischer Administrator auch weiterhin mehr als doppelt so viel verdiente wie ein normaler Landrat.
Allerdings ging er bereits am 1. Juni 1870 in den Ruhestand. Moltke wollte darauf hin für ein Landtagsmandat der Konservativen Partei kandidieren. Er machte zunächst aber mit seiner Frau noch einen Besuch bei seinem Bruder auf Gut Kreisau und dann Urlaub in Lugano, wo er am 7. April 1870 starb. Seine Beerdigung fand „unter großer Beteiligung der Bevölkerung“ in Barmstedt auf dem neuen Friedhof statt.(Mosler; Jessen, S.190)
Als eine weitere wesentliche Neuerung wurde die Rechtsprechung von der Verwaltung getrennt und Rechtsgleichheit für alle Untertanen hergestellt. Die Provinz wurde in 70 Amtsgerichts- und 3 Landgerichtsbezirke aufgeteilt mit einem Oberlandesgericht. Als Ersatz für die bisherige Funktion wurde auf der Schloßinsel jetzt eines der königlich-preußischen Amtsgerichte in dem gerade 1863 neu errichteten Gebäude auf der mittleren Insel eingerichtet. Der Amtsrichter wohnte fortan in dem ehemaligen Wohngebäude des Administrators, in der Nebenwohnung und in den übrigen Gebäuden erhielten die Justizangestellten Platz für ihre Familien. Das ehemalige Amtsverwalterhaus war fortan das Gerichtsschreiberhaus, der Gerichtsdiener gegenüber behielt seine Aufgabe der Gefangenenbewachung und -betreuung.
Das Gefängnis wurde noch bis 1927 benutzt, zuletzt allerdings nur für die Untersuchungshaft und kurze Arreststrafen.
Den landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Vorwerk gab man nach dem Ende der Administratur auf. Entsprechend fehlten für die damit verbundenen Gebäude, das Vorwerk und den großen Stall neben dem Gefängnis, die Verwendung und wurden abgerissen.
Bau des Rantzauer Sees 1934-37
Das Aussehen der Anlage veränderte sich entscheidend in den 1930er Jahren, als der Rantzauer See angelegt wurde. In einem groß angelegten Programm sollten die sumpfigen Krückauwiesen, durch die die Krückau hindurchmäandrierte, durch eine Begradigung des Flusslaufes kultiviert und ein Staubecken vor der Wassermühle gebaut werden. Eine Abteilung des Reichsarbeitsdiensts wurde dafür nach Barmstedt beordert, die mit Spaten und Lorenbahn die Erdarbeiten erledigte.
Zwar waren die Wasserläufe zwischen der ersten und zweiten Insel schon 1818, zwischen der dritten und dem Ringwall um 1860 zugeschüttet worden, jetzt aber entstand die große zusammenhängende „Schloßinsel“ in der heutigen Gestalt, umgeben vom Burggraben und dem Rantzauer See. Nur die kleine „Liebesinsel“ existiert noch als Rest des ehemaligen Ringwalls. Einen ähnlichen Anblick von Weitem hatten die Inseln auch vorher schon vom Herbst bis zum Frühjahr geboten, wenn der Wassermüller das Krückauwasser aufstaute, um genügend Kraft für den Mühlenbetrieb zu speichern. Jetzt aber war eine dauerhaft neue Situation entstanden, die den historischen Ort aus einer Flusslandschaft in eine Seelage gebracht hatte.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde im Amtsgerichtsgebäude für kurze Zeit ein Marinekriegsgericht eingesetzt. Die Akten wurden bei Heranrücken der britischen Truppen auf einem Scheiterhaufen vor dem Haus verbrannt.
Im letzten Kriegsjahr und den Nachkriegsjahren waren hier auf der Insel wie überall viele Flüchtlinge untergebracht.
Bald nach Kriegsende nahm das Amtsgericht Rantzau nach der Rückkehr des zuständigen Amtsrichters aus der Kriegsgefangenschaft seine Tätigkeit wieder auf. 1975 wurden jedoch die Zuständigkeiten auf Elmshorn übertragen und die Schlossinsel verlor ihre letzte staatliche Funktion.
Die Schlossinsel heute
In das leerstehende Gerichtsgebäude zog 1979 das Museum der Grafschaft Rantzau von seinem bisherigen Standort Am Markt ein und zeigt hier seine Sammlung zur Geschichte der Grafschaft, aber auch Barmstedts von der Frühzeit bis zur Moderne. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Entwicklung der Landwirtschaft und des Handwerks, besonders der Schuhmacherei, für die Barmstedt berühmt war.
Auf der vorderen Insel entstand für kurze Zeit ein privater Vogelzoo.
1984 übergab das Land Schleswig-Holstein die Insel an die Stadt Barmstedt. Vorhergegangen war eine Sanierung des Herrenhauses und eine Überplanung der Gesamtnutzung der Insel. Eine privat getragene Initiative machte sich – mit Unterstützung der Stadt – daran, die Restaurierung und kulturelle Nutzung der drei vorderen Häuser umzusetzen und konnte aus öffentlichen Förderprogrammen Mittel dafür einwerben. Die Gebäude wurden in diesem Zuge umfassend saniert und restauriert, so dass sich der Ort vom Verwaltungssitz und Gerichtsort zum kulturellen Mittelpunkt verwandeln konnte. Museum, Erlebniscafé, offene Ateliers, wechselnde Ausstellungen unterschiedlicher Kunstgattungen und ein kulturelles Veranstaltungsprogramm für die ganze Insel ziehen seitdem Kunstschaffende, kulturell Interessierte und erholungsuchende Menschen in großer Zahl an.
Verfasser: Michael Theilig