Bernhard Adolf Erdmann Georg von Moltke

Bernhard Adolf Erdmann Georg von Moltke

Kammerherr Adolf von Moltke (1804-1871). Letzter dänischer Administrator und erster preuß. Landrat

Neuer und letzter Administrator: (Bernhard) Adolf (Erdmann Georg) von Moltke 1849-1865. 1849 war die Stelle des Administrators der Grafschaft Rantzau neu zu besetzen. Die Statthalterschaft für Schleswig und Holstein setzte Moltke zunächst kommissarisch ein, nachdem er das Amt als einer der „fünf Könige“ in der Gemeinsamen Regierung niedergelegt hatte. Er war – wie oben erläutert – ein Kandidat, der von dänischer und schleswig-holsteinischer Seite akzeptiert werden konnte, da er als Deputierter der Deutschen Kanzlei bereits der Kopenhagener Gesamtstaatsregierung angehört hatte, sich aber auch zum Delegierten in der (revolutionären) Landesversammlung in Kiel hatte wählen lassen. Er war wiederum so konservativ gewesen, dass er sich nicht als Mitglied der Provisorischen Regierung hatte aufstellen lassen. Als Mitglied der Gemeinsamen Regierung hatte er sich um die im Verlauf der Revolution aufgeflammte „soziale Frage“ gekümmert, ein von beiden Seiten als heikel angesehenes Thema.

Wie seine Vorgänger war er als königlicher Administrator neben der Verwaltung auch für die Justiz in der Grafschaft, den Herrschaften Herzhorn, Sommerland und Grönland zuständig. Zwar war das Administratorenamt wie das des Landdrosten in Pinneberg mit dem höchsten Einkommen aller Oberbeamten in den Herzogtümern verbunden, die hatten allerdings großenteils aus den Sporteln (Gebühren) bestanden, die die Statthalterschaft jetzt in die Staatskasse leiten ließ. Wegen der kriegerischen Zustände blieb seine Frau Auguste mit den 5 Kindern allerdings noch beim Bruder Helmuth in Magdeburg, der hier inzwischen Generalstabschef des Vierten Armeekorps geworden war. Adolph von Moltke selbst hielt sich im Auftrag der Statthalterschaft noch in Berlin auf, um den König vom Abzug der preußischen Offiziere aus den Herzogtümern zu überzeugen. Als im Deutschen Bund jedoch endgültig die Gegenrevolution gesiegt hatte und damit die „Erhebung“ moralisch und militärisch jede Unterstützung verlor, setzte er sich gegen Statthalter und Landesversammlung für den Waffenstillstand Preußens mit Dänemark ein. Er wurde in Berlin allerdings so krank, dass er mit seiner Familie erst im November 1849 auf Rantzau einzog.(Jessen, S. 137ff)

Nach der Schlacht bei Idstedt im Sommer 1850 standen die Herrschaftsverhältnisse wieder fest und Moltke konnte gegenüber der dänischen Obrigkeit auf seine Loyalität zum Gesamtstaat verweisen, die er trotz aller Ämter in dieser Zeit durch seine diplomatische Vorgehensweise in der Revolution gezeigt hatte. Als deshalb vom Kopenhagener Kabinett eine Notabeln-Versammlung nach Flensburg einberufen wurde, eine Gruppe „Achtbarer Männer“, war Adolph von Moltke einer von diesen sechs. Er verfertigte hier zwar ein Gutachten über die künftige Verwaltungsordnung, aber die Versammlung insgesamt löste sich wegen der unvereinbaren Gegensätze zwischen dänischen und deutschen Abgeordneten ergebnislos auf. Moltke erhielt vom König sogar seine Sporteln wieder, also eine erhebliche Einkommensverbesserung und 1857 wurde er vom kommissarischen zum anerkannten Administrator, erhielt darüber hinaus auch noch das Kommissariat des Rittergutes Kaden. (Jessen, S.144f)

Innerhalb der Familie Moltke hatte nicht nur Adolph Erfolg auf seinem Weg in staatliche Spitzenämter. Das war ihnen nicht unbedingt in die Wiege gelegt, denn sein Vater entstammte zwar einer verarmten mecklenburgischen Adelsfamilie, hatte aber wenig Glück als Gutsbesitzer und Offizier in preußischen Diensten gehabt und verließ 1806 die Familie, um in dänische Dienste zu treten. Die Mutter musste daraufhin ihre acht Kinder unter eher bescheidenen Verhältnissen allein in Lübeck aufziehen. (Mosler)

Der Erfolgreichste unter den Söhnen war Helmuth (Karl Bernhard) Graf von Moltke (1800-1891). Er wurde unter dem preußischen Regenten und König Wilhelm I. ab 1861 zum Generalstabschef, plante 1864 den Feldzug gegen die Dänen und drängte auf seine Durchführung, desgleichen 1870/71 gegen die Franzosen, und wurde wegen seines Erfolgs in der Sedanschlacht und um Paris vom neuen preußisch-deutschen Kaiser zum Grafen erhoben und für die einen eine Ikone der deutschen Militärgeschichte – für andere des preußischen Militarismus. Fast jede deutsche Stadt erhielt nach ihm eine „Moltkestraße“. Ob auch Barmstedt in Erinnerung an ihn oder vielleicht doch an seinen Barmstedter Bruder Adolf die Straße an der Ohe nach ihm benannte, ist noch unklar. Immerhin ließ sich Adolf, der 1870 in Lugano/Schweiz starb, in Barmstedt beerdigen.

Ein anderer Bruder, Friedrich Joachim, war königlich-dänischer Post-Amtmann zunächst in Apenrade, dann in Flensburg. Ein weiterer Bruder, Ludwig, wurde Amtmann auf Fehmarn. Beide hatten sich antirevolutionär verhalten und waren dadurch von den deutschgesinnten Kreisen stark angefeindet worden.

Der Schwiegervater Adolph von Moltkes, August von Krohn, war wiederum kurze Zeit Oberbefehlshaber der Erhebungsarmee bis zu deren Niederlage bei Bau 1848.

Gleichzeitig betrieb ein anderer entfernter Verwandter gleichen Namens, Wilhelm von Moltke (1785-1864), der erste konstitutionelle Ministerpräsident Dänemarks, dass die Mitglieder der Gemeinsamen Regierung, also auch Adolph von Moltke, zu Rebellen erklärt wurden, woraufhin er zurückgetreten war.

Die Kinder Adolf von Moltkes nahmen teils ebenfalls wichtige staatliche Spitzenpositionen im preußisch-deutschen Kaiserreich ein. Helmuth Johannes von Moltke war 1848 in Gersdorf geboren worden, wuchs auf Rantzau auf und wurde im Licht des Ruhms seines Onkels zum Chef des Generalstabs und engen Vertrauten Wilhelms II. Er hatte dessen verhängnisvollen Weg in den Ersten Weltkrieg mit zu verantworten.

Ein anderer Sohn, Friedrich Ludwig Elisa von Moltke (1852-1927), 1852 auf Rantzau geboren und hier aufgewachsen, wurde preußischer Innenminister und Oberpräsident von Ostpreußen und während des 1. Weltkriegs Oberpräsident von Schleswig-Holstein.

Ein Urenkel Adolphs wiederum, Helmut James Graf von Moltke (1907-1945), wurde zur führenden Figur des Kreisauer Kreises, einer wichtigen Widerstandsgruppe gegen Hitler.

Die sehr aufschlussreiche Geschichte dieser Familie, die in der stark militärisch ausgerichteten Politik des 1871 gegründeten wilhelminischen Reiches eine wesentliche Rolle spielte, ist ausführlich und spannend beschrieben bei Olaf Jessen: Die Moltkes. Biografie einer Familie.

Die beiden links abgebildeten Herren, inzwischen in Berlin längst mächtige Herren geworden, verlebten auf Rantzau zusammen mit den Brüdern Wilhelm und Ludwig ihre Kindheit, wurden von Hauslehrern erzogen, dann in Obhut nach Hohenfelde und Uetersen gegeben. Zumindest Helmuth ging später ans Christianeum nach Altona. Wilhelm erbte später von seinem Onkel, Feldmarschall Helmuth von Moltke, das Gut Kreisau und den Grafentitel. Ludwig wurde ebenfalls Gutsbesitzer in Schlesien. Onkel Helmuth, Adolfs Bruder, war häufiger hier zu Besuch, nicht zuletzt deshalb, weil er seit 1860 so gleichzeitig seine Schwester Auguste besuchen konnte, die im „Witt Hus“ – der weißen Villa an der Brunnenstraße, die heute die Gärtnerei Hachmann darstellt – wohnte. Seine Schwester war gleichzeitig die Stiefmutter seiner Frau Marie Burt. (Glismann, S. 6)

An diese Kindheit erinnerte sich Helmuth von Moltke, als er 1912 mit einem Zeppelin über diesen Ort flog: „Da liegt das alte Haus unserer schönen Jugend auf seiner kleinen Insel, umgeben von Grün und Wasser. Jeden Fleck kann ich erkennen, jeden Fleck, auf dem wir gespielt, die Bäume, in die ich meinen Namen geschnitten, die Fenster, hinter denen ich gewohnt habe, die Brücken, über die wir gegangen sind. Wie unverändert ist das alles, und wie tief in die Erinnerung eingegraben […] alles wie Spielzeug aufgebaut, und auch hier wieder Kinder wie damals, die heraufstarren, im Spielen unterbrochen, die wohl glücklich sind, wie wir es waren, und die denken, dass dies herrliche Dasein nie ein Ende nehmen werde, wie wir es dachten!“ (Jessen, S.236f)

In Holstein wurde jetzt eine Zwangsverwaltung im Namen des Deutschen Bundes eingeführt. Diejenigen Beamten, die 1852 auf den dänischen König den Eid geleistet hatten, sollten vertrieben werden. Zu ihnen hatte auch Adolph von Moltke gehört. Am 27. Dezember 1863 versammelten sich in Elmshorn 20.000 Menschen, um den Augustenburger Herzog zum „Herzog von Schleswig-Holstein“ auszurufen. Der Ort war durch den Eisenbahnanschluss mitten in Holstein günstig gelegen. Die Anwesenden wollten durch diese Aktion erreichen, dass der Rückenwind der von Süden eingerückten Truppen zu einem eigenständigen deutschen Bundesstaat Schleswig-Holstein genutzt werden konnte. Der Antrag auf Vertreibung der Eidleister fand hier jedoch keine Mehrheit, möglicherweise weil in diesen bürgerlichen Kreisen die Angst vor dem Chaos einer sozialen Revolution durch den „Vierten Stand“, die Arbeiterschaft, zu stark war. In den Zeitungen „Hamburger Presse“ und den „Schleswig-Holsteinischen Blättern“ wurden jedoch Anklagen gegen Moltke laut, er „habe Amtspflichten vorgetäuscht, um nicht an einem allgemeinen Bettage mit andächtig angehörten Reden der Pastoren Harder und Gardthausen teilnehmen zu müssen.“ (Jessen, S. 170) Als Ende Januar preußische Truppen frostig von der Bevölkerung empfangen wurden, stand Moltke wieder unter höherem Schutz durch den neuen Zivilkommissar, der erklärte, „die treuen Beamten gegen Bedrohung und Verjagung durch das Volk zu schützen.“ (ebd.)

Adolph von Moltke, der als könig-herzoglicher Administrator dem dänischen König 1852 noch einen Eid geschworen hatte und nun von den neuen Verhältnissen überrannt worden war, befand sich in einer unsicheren Lage. Sein Bruder, der preußische Generalstabschef Helmuth, hielt ihn von einem Rücktritt ab, da damit der Verlust aller Einnahmen und damit – wegen fehlenden Eigentums – der Verlust des bisherigen Lebensstandards verbunden war – und der war nicht unerheblich und verursachte Kosten. Die sechs Kinder Wilhelm (17), Helmuth (16), Marie (15), Friedrich (11), Ludwig (9) und Louise (8) wurden auf der Schlossinsel von Hauslehrern unterrichtet. Helmuth war inzwischen wie Wilhelm auf dem Christianeum in Altona. (Jessen, S. 189)

Ab dem 1. Oktober 1867 galt jetzt die preußische Verfassung. Moltke übte zunächst weiter sein Amt auf Rantzau aus und musste ab Oktober 1866 preußische Gesetze wie die Trennung von Justiz und Verwaltung, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, preußische Steuergesetze und die Wahlen zum ersten Kreistag umsetzen, teilweise gegen erheblichen Widerstand der Bevölkerung.

Die Rantzauer Administratur, zuständig für die Grafschaft Rantzau, wurde bald in den neuen Kreis Pinneberg einbezogen, zusammen mit der Herrschaft Pinneberg, dem Kloster Uetersen (mit Ausnahme des Gutes Horst und der Vogtei Krempdorf), den Adligen Gütern Haseldorf, Haselau und Seestermühe und dem Kanzleigut Flottbek. Für den Posten des zukünftigen Landrats kamen die beiden bisherigen Oberbeamten Moltke (65) und der bisherige Pinneberger Landdrost Friedrich Graf von Baudessin (46) in Frage. Trotz seines Alters schlug der Oberpräsident Scheel-Plessen – wohl auch unter dem Druck von dessen inzwischen einflussreichen Bruder, dem Generalstabschef, – Adolf von Moltke vor, so dass dieser mit Wirkung vom 6. April 1868 sein Amt als Landrat antreten konnte und mit seiner Frau nach Pinneberg in die Drostei umzog. Da Residenzpflicht herrschte, bewohnte er zunächst das Palais mit 25 Räumen, was er sich nur leisten konnte, weil er als ehemaliger dänischer Administrator mehr als doppelt so viel verdiente wie ein normaler Landrat. Allerdings ging er bereits am 1. Juni 1870 in den Ruhestand. Moltke wollte jetzt für die Konservative Partei für ein Reichstagsmandat kandidieren, machte zunächst aber mit seiner Frau noch einen Besuch bei seinem Bruder auf Gut Kreisau und dann Urlaub in Lugano, wo er jedoch am 7. April 1870 starb. Seine Beerdigung fand „unter großer Beteiligung der Bevölkerung“ in Barmstedt auf dem neuen Friedhof statt. (Mosler; Jessen, S.190)

Literatur

  • Olaf Jessen: Die Moltkes. Biografie einer Familie. München 2010
  • Lothar Mosler: Wer war Adolf von Moltke?. Erinnerungen an Persönlichkeiten unserer Stadt, in: Uetersener Nachrichten Nr.45/1991
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