Die Heiligen-Geist-Kirche

Die Heiligen-Geist-Kirche

Das Barmstedter Wahrzeichen – die Schusterahle – in jahrelanger Arbeit renoviert

Pfingsten 2018 wird die Heiligen-Geist-Kirche im Zentrum der sogenannten Barmstedter Kircheninsel 300 Jahre alt. Sie ist eine der schönsten Barockkirchen des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf, obwohl sie in der Zeit der gewalttätigsten Querelen zwischen den beiden Grafenbrüdern Wilhelm Adolf und Christian Detlef Rantzau entstanden ist. Im Zentrum der Grafschaft gelegen sollte sie das letzte Denkmal sein, das die Rantzauer Grafendynastie sich hier setzte.

Der Kirchenstandort selbst ist erheblich älter als die genannten 300 Jahre. Aus schriftlichen Quellen war seit Jahrhunderten bekannt, dass hier eine der ersten Kirchen im holsteinisch-stormanischen Bereich gelegen haben sollte. Ein archäologischer Nachweis konnte aber erst 1968 bei der letzten großen Renovierung erbracht werden. Unter dem Fußboden wurden damals die Grundmauern von zwei Vorgängerkirchen aus dem Mittelalter entdeckt, wodurch nachgewiesen werden konnte, dass die Überlieferungen von einem Kirchenstandort an dieser Stelle mindestens seit 1140 richtig sind. Das tatsächliche Alter der vorgefundenen Reste konnte aber auf Grund der damaligen Zeitknappheit im Rahmen der Fußbodensanierung nicht festgestellt werden. Interessant ist, dass neben den Grundmauern auch Gruften zum Vorschein kamen, die noch in den ersten Jahrzehnten dieser Heiligen-Geist-Kirche für Administratoren und einen Organisten eingebaut worden waren. Rund um die Kirche hatte bis etwa 1840 ein Kirchhof als Begräbnisstätte für das gesamte Kirchspiel bestanden.

Zur Vorbereitung des Jubiläums zum 300-jährigen Bestehen hat die Kirche eine Rundumerneuerung bekommen. Rechts im Bild sieht man sie ohne Kugel und Hahn, wie sie im April 2013, als der Turm gerade saniert wurde, ausgesehen hat. Es folgten in den beiden Jahren danach das Außenmauerwerk, das Dach und das Turminnere und von Mai bis Dezember 2016 folgte die Restaurierung des Innenraums. Die Sanierungsarbeiten unter der Regie von Architekt Jan-Peter Witte dienten einerseits der energetischen Verbesserung durch Isolierung des Daches und Teilerneuerung der Heizung. Unter den Bänken wurde dafür der Fliesenfußboden entfernt und durch Holzboden ersetzt. Außerdem wurden die Elektrik und die Beleuchtung erneuert. Die Bleifenster wurden instandgesetzt, der Altar gereinigt und in Teilen restauriert, ebenso die Wände und die Emporen. Zur Deckung der Kosten werden seit langer Zeit Spenden gesammelt, dennoch werden die 610.000 € vor allem durch Mittel der Kirchengemeinde und des Kirchenkreises aufgebracht.


Zeichnung vom Südwesten, Bernhard Theilig ca. 1980

Die Heiligen-Geist-Kirche in Barmstedt und ihre Geschichte

von Bernhard Theilig, erschienen im Jahrbuch für den Kreis Pinneberg 1980, S. 11 – 26

Die Heiligen-Geist-Kirche in Barmstedt wurde in den Jahren 1717/18 über den Fundamenten einer älteren Kirche durch den Hamburger Architekten Joh. Lorenz Nerger erbaut. Den Befehl zum Abreißen der alten St. Margarethenkirche und zum Bau einer neuen gab Wilhelm Adolf zu Rantzau, letzter Graf der Reichsgrafschaft Rantzau. Von der alten aus Feldsteinen erbauten Kirche blieben der Turm und die Westmauer erhalten. Der runde Turm wurde 1841/43 mit Ziegelsteinen ummauert. Sein heutiges Aussehen mit dem Portal erhielt er 1951/52, als der achteckige Sockel durch eine erneute Ummantelung verstärkt wurde.

Die romanische St. Margarethenkirche hatte ein hohes Alter, war baufällig und war vor allem für die große Gemeinde viel zu klein geworden. Sie hat mit ziemlicher Sicherheit schon 1140 bestanden, dem Jahre, in dem urkundlich das Kirchspiel Barmstedt zum ersten Mal genannt wird. Manche nehmen als Gründungsjahr 936 an, doch gibt es dafür keine Belege. Bei Grabungen 1968 konnten die Grundmauern der alten Kirche einwandfrei ermittelt werden. Es handelt sich um eine typische romanische Kirche mit Gemeindeteil, „Schiff“, und Altarraum, „Chor“, verbunden durch einen Chorbogen. Das Schiff maß 6,40 >< 13,70 Meter. Die Breite entsprach dem Zwischenraum zwischen der heutigen Nord- und Südempore, deren Pfosten auf den Grundmauern stehen. Der Chor maß 5,30x 8 Meter und reichte in der Länge vom heutigen Quergang bis zum Kanzelaufgang. Ursprünglich endete der Chor in einer halbrunden Apsis, die dann später durch eine gerade Ostmauer ersetzt worden ist. Der älteste Fußboden lag einen Meter tiefer als der heutige und war mit Kopfsteinen gepflastert. Die Mauern waren im Gipsgußverfahren errichtet. Von der alten Kirche wissen wir, daß sie nach einem Brande 1627 wieder aufgebaut wurde und daß sie 1682 die erste Orgel erhielt, die dann im Jahre des Abbruchs für 300 Mark verkauft wurde. Die kleine St. Margarethenkirche mit nur 130 qm Grundfläche (heute 420) war durch Jahrhunderte der Mittelpunkt einer großen Gemeinde. Zum Urkirchspiel Barmstedt gehörte bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts auch Elmshorn. Das spätere Kirchspiel Hörnerkirchen wurde erst 1752 von Barmstedt abgetrennt.

Der Bau der neuen Kirche fiel in das letzte Regierungsjahrzehnt der Grafen zu Rantzau. die ihr Schloß auf der Krückauinsel hatten. Der eigentlich regierende Graf, Christian Detlef, war abwesend. Er wurde 1715-1720 vom preußischen König in Haft gehalten. In dieser Zeit führte sein jüngerer Bruder Wilhelm Adolf die Regentschaft. Er ließ die Kirche bauen und über der Osttür in Initialen seinen Namen und den seiner Gemahlin anbringen, ebenso am Grafen- oder Patronatsstuhl neben seinem Wappen dasjenige seiner Frau. Dazwischen halten zwei aus Wolken ragende Hände einen Ehering. ln Überschriften über den Aufgängen zum Grafenstuhl innen: .“Angenehme Zeiten“. außen „FELICIORA VOTO“ -, verhieß er seinen Untertanen glücklichere Zeiten.

Die Inschriften über den Kirchentüren könnte man in folgender Weise übersetzen und in Zusammenhang bringen:

Südportal:
ANNO MDCCXVII CONDIT. – Im Jahre 1717 ist diese Kirche erbaut

Aufgang zum Grafenstuhl:
FELICIORA VOTO – mit dem Wunsche glücklichere (Zeiten herbeizuführen)

Osteingang:
R. G. D. W.A.C.R. et LD. in B.L.N. – von Gottes Gnaden regierend Wilhelm Adolf, Graf zu Rantzau und Löwenholm. Herr auf Breitenburg, Lindewitt, Neuendorf

C. C. D. CH.L.C- de S.W.H.W. el N. – mit seiner Gemahlin. Frau Charlotta Louisa. Gräfin von Sayn Wittgenstein. Homburg, Vallendar und Neumagen

Nordportal:
DEO POSTERIS SUBDITIS – (gewidmet) Gott, den späteren Geschlechtern und den Untertanen.

Die Dinge nahmen dann einen für die Rantzaus äußerst ungünstigen Verlauf.

Der ältere Graf kehrte zurück. Das Verhältnis zwischen den gräflichen Brüdern war sehr gespannt. Am 10.11.1721 wurde Christian Detlef im Voßlocher Wald auf der Jagd erschossen. Im Jahr darauf wurde Wilhelm Adolf unter dem Verdacht, den Mord an seinem Bruder angestiftet zu haben, verhaftet. Zwar konnte ihm dies nicht nachgewiesen werden, doch wurde er „wegen der obwaltenden Umstände“ zu lebenslanger Festungshaft verurteilt, in welcher er 1734 gestorben ist. Der dänische König nahm 1726 die Grafschaft Rantzau in Besitz und ließ sie durch Administratoren verwalten, die auf Schloss Rantzau residierten.

Die Heiligen-Geist-Kirche ist ein an Figuren und Bildern reicher Saalbau im Stile des Barock mit Tonnengewölbe und Oktogonalschluss nach Osten. Sie verkörpert den Typ der evangelischen Gemeindekirche, wie er im 18. Jahrhundert im Norden üblich wurde. Waren bis dahin Altarraum und Gemeindeteil streng getrennt, so wurde jetzt der Altar in die Gemeinde hineingestellt und die Kanzel so angebracht, daß der Prediger von überall her gut zu sehen und zu verstehen war. Alles dient der Verkündigung des Evangeliums und dem Lobe Gottes.
Der Altar soll in seiner Gestaltung den Altar zum Vorbild haben. den Quellinus 1696 für die Marienkirche in Lübeck schuf. Beherrschend steht in der Mitte das Bild des gekreuzigten Heilandes, darunter Maria und der Jünger Johannes; links und rechts davon die Apostel Petrus und Paulus. Über der Kreuzigungsgruppe befand sich ein Spruchband, das 1953 überrnalt wurde:

„Denn ich habe euch zuvörderst gegeben, welches ich auch empfangen habe. daß Christus gestorben sei für unsere Sünden nach der Schrift, und daß er begra ben sei, und daß er auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift. 1. Cor. I5, 3-4

ln der Lünette darüber ist als Hochrelief geschnitzt die Grablegung Jesu. Als Bekrönung über dem Ganzen steht auf einem Sarkophag der triumphierende Christus mit der Siegesfahne und erhobener Schwurhand. Rechts und links von ihm hocken zwei Knaben mit Palmzweigen und erhobenen Händen (Bezug: Matth. 21, 15-16). Etwas tiefer stehen zwei Engel mit Posaunen. Die Bibelstelle, auf welche diese ganze Gruppe Bezug nimmt, finden wir in Matth. 24, 30-31:

„. . . und werden sehen kommen des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit großer Macht und Herrlichkeit. Und er wird senden seine Engel mit hellen Posaunen, und sie werden sammeln seine Auserwählten von den vier Winden…“

Die silbernen Altarleuchter von 1731 sind. ebenso wie die beiden Kronleuchter von 1732, eine Stiftung der Familie Kühl in Lutzhorn. Ein Otto Kühl war als Beamter des dänischen Königs in Odense zu Ansehen und Wohlstand gelangt.

Die Kanzel ruht auf der Gestalt Moses, der die Gesetzestafeln hält und dessen Antlitz im Goldglanz leuchtet (2.M. 34, 29). Darüber der predigende Christus mit den vier Evangelisten: Matthäus mit der Menschengestalt, Markus mit dem Löwen, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem Adler. Auf dem Schalldeckel der Kanzel halten fünf Putten die Marterwerkzeuge aus der Passionsgeschichte in den Händen: Kreuz, Leiter, Hammer, Bambusstab und die Säule, an die Jesus gebunden wurde. Es ist ein in der Barockzeit häufig dargestelltes Motiv (vgl. Bernini, Engelsbrücke in Rom). Über der Tür zum Kanzelaufgang erinnert ein Bild Martin Luthers und eine Inschrift daran, daß im Baujahr der Kirche die zweite .Jahrhundertfeier der Reformation festlich begangen wurde.

Die Taufe,jetzt vorn links im Altarraum, stand bis 1958 im Mittelgang, nahe der Westtür. Daran erinnert noch ein Baldachin mit einer Taube und Umschrift an der Unterseite der Orgelempore. Drei Knabengestalten tragen einen mit Engelsköpfen gezierten Wolkenkranz, in dem die große Taufschale aus Messing ruht.

Diese zeigt in der Mitte eine Darstellung der Verkündigung an Maria. Das Jagdmotiv auf dem Schalenrand ebenso wie der als achteckige Haube gestaltete Taufdeckel erinnert auffallend an den Hofbrunnen auf Schloß Breitenburg, dem Stammsitz der Rantzaus. Der Leuchter für die Osterkerze, der neben der Taufe steht, wurde 1978 von U. E. Bläse / Plön gefertigt.

Die Orgel ist ein besonders wertvolles Werk von außerordentlicher klanglicher Schönheit. Sie hat, auf Hauptwerk, Brustwerk, Rückpositiv und Pedal verteilt, 31 Register und 2196 Pfeifen. Der Prospekt, die Vorderansicht, ist nach Art der Arp-Schnitger-Orgeln gestaltet. Erbaut wurde sie 1719/20 – noch ohne Rückpositiv – wahrscheinlich von dem Schnitgerschüler Johann Hinrich Klapmeyer in Glückstadt, mit dem später ein Pflegevertrag abgeschlossen wurde. Diese ursprüngliche Orgel muß mit ihren 26 Registern in ihrer Disposition ein großartiges Werk gewesen sein und wunderbar geklungen haben. Man hatte beim Bau auch keine Kosten gescheut. Sie war verdungen gewesen zu 2100 Mark Lübsch, was in der damaligen Zeit dem Wert von zwei mittleren Bauernhöfen entsprach. Von den damals 2000 Pfeifen ist heute etwa noch die Hälfte vorhanden.

Im Jahre 1857 wurde durch die Firma Marcussen-Apenrade eine ,.Hauptreparatur“ der Orgel durchgeführt, die zwar manche technische Verbesserungen brachte, aber das klangliche Bild sehr ungünstig veränderte. So wurden fast 1000 der alten Pfeifen einfach entfernt, das Brustwerk ganz hinten an die Turmwand unter die Decke verlegt und neue Register eingebaut, die in einer Barockorgel wie Fremdkörper wirkten. Gleichzeitig wurde der ursprünglich helle Anstrich der Orgel abgeschliffen und das Holzwerk mit Mahagonifarbe angestrichen.

Im Jahre 1960 wurde die Orgel von der Firma Kemper-Lübeck gründlich überarbeitet nach einem Gutachten, das von dem Orgelsachverständigen der Landeskirche, Helmut Schröder, Kirchenmusikdirektor in Pinneberg, zusammen mit dem Organisten Heinz Aude erstellt worden war. Das Brustwerk wurde wieder nach vorne in den Prospekt verlegt und die ganze Orgel um einen Meter zurückversetzt, wodurch mehr Raum für den Kirchenchor geschaffen wurde. Im Interesse des klanglichen Gleichgewichts wurde an der Brüstung der Orgelempore ein Rückpositiv mit sechs Registern neu eingebaut. Durch den Kirchenmaler Hermann Wehrmann aus Glückstadt erhielt das Holzwerk wieder eine hellere und reichere Farbgebung, wie sie einer Barockorgel entspricht und sich harmonisch in das Gesamtbild des Kirchenraumes einfügt.

Die Bilder an den Emporen stellen Szenen aus dem Leben und den Reden Jesu nach den Evangelien dar. Sie sind so angeordnet, daß sie vorn links hinter der Kanzel mit der Verkündigung an Maria beginnen, rechts herum ihren Fortgang nehmen und schließlich bei der Nordtür mit der Himmelfahrt Christi enden. Als das Orgelrückpositiv in die Brüstung der Westempore eingebaut wurde, hat man die dort befindlichen Bilder an den beiden oberen Emporen angebracht. Unter den Bildern stehen die Namen derer. die dem Maler das Geld für das jeweilige Bild gegeben haben.Die Sinnsprüche zu den Bildern könnten als Verfasser den Pastor Esmarch in Herzhorn haben, der auch ein großes Festgedicht zur Einweihung der Kirche verfaßt hat.

Das Deckengewölbe, ursprünglich gipsverputzt, mußte schon 1754 erneuert werden. Den Auftrag, es mit Themen hauptsächlich aus dem Alten Testament auszumalen, erhielt der Elmshorner Hans Hinrich Morthorst, der später auch die Horster Kirche ausgemalt hat. Über der Orgel ist die Erschaffung des Lichts angedeutet. In der Südwestecke sieht man die Arche und das Dankopfer Noahs, 1. Mose 8,21. Noah selbst befand sich vermutlich an der Stelle des später gebrochenen Lichtschachtes. Links vom Regenbogen sieht man die Vertreibung der Kanaaniter, Sach. 14, 21, und anschließend Lots Auszug aus Sodom, Spruchband: Luk. 17, 32. An der Nordseite beginnt die Darstellung mit Abraham, der den Namen Gottes predigt (I. M. I2, 8), im Hintergrund Japhet und Sem (bei seinen Hütten), 1. M. 9, 27. An der Stelle des Lichtschachts war vielleicht Canaan. Es folgt die Opferung Isaaks, Spruchband: Hebr. ll, IT-19, ferner Mose mit den Gesetzestafeln, 5. M. 6,7 und Johannes der Täufer, Matth. 3,8 Gegenüber auf der Südseite ist das Gesicht Petri von den unreinen Tieren zu nennen, das den Übergang des Evangeliums in die Heidenwelt andeutet, Spruchband: Apg. 10, 7. Als Abschluß und Krönung des Ganzen ist über dem Altar das Lamm Gottes aus Offenbarung 7, 17 abgebildet. Mitten im Gewölbe erinnert ein schwebender Engel an die Vision des Sehers Offb. I4, 6: Und ich sah einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium. – Hans Hinrich Morthorst vollendete sein Werk am 10.1.1756.

Das Gestühl war ursprünglich durch Banktüren verschließbar. 1895 wurden durch den Tischlermeister Steckmeister die Bänke erneuert. Vom alten Gestühl wurden nur die geschnitzten Bankwangen wieder verwendet. 1968 wurden im lnteresse einer bequemeren Sitzweise die Banklehnen schräger gestellt, die Sitzflächen verbreitert, Heizkörper eingebaut und die Bänke erstmalig mit Farbe angestrichen. Außerdem wurde die Zahl der Bankreihen verringert, d. h. die Zwischenräume wurden vergrößert und hinten ein freier Raum ausgespart, der, falls erforderlich, mit Stühlen bestellt werden kann. Auf eine fest angebrachte Polsterung der Sitzflächen, wie auch auf Läufer in den Gängen, wurde verzichtet, um die sehr schöne Akustik des Kirchenraumes nicht zu beeinträchtigen. Die Kirche hat jetzt etwa 800 Sitzplätze. Bis 1924 hatte jede Familie ihre eigenen Kirchenplätze. Diese waren gekauft, und es wurde ein regelrechtes Stuhlregister geführt. Da dies bei zunehmender Freizügigkeit der modernen Menschen mehr und mehr als unerträglich empfunden wurde, hat man durch Kirchengesetz diese Eigentumsrechte aufgehoben.

lm Jahre 1968 wurden auch die Aufgänge zur Orgelempore geändert und eine Tür und ein großes Fenster in der Westwand zugemauert. Als der alte aus Zement und Ziegelsteinen bestehende Fußboden herausgenommen war, wurden nicht nur die Fundamente der alten Kirche freigelegt. Es wurden auch Grabplatten und intakte Grabkammern gefunden: Im Schnittpunkt der Hauptgänge die Grabkammer des Organisten F. Schlüter, 1755, unter dem Gestühlsblock bei der Kanzel die des Administrators G. W. von Söhlenthal, 1768, und im Mittelgang vor dem Altar die des Administrators J. O. Niemann, 1789. Eine Grabkammer in der Nähe des Patronatsstuhls war zugeschüttet. Napoleon erließ ein Gesetz, nach dem Beisetzungen in den Kirchen künftig verboten sein sollten. Bis 1844 diente der Platz um die Kirche als Friedhof. Gedenktafeln von den Gräbern der Pastoren Braun, 1764, Wedde, 1777, und Chemnitz, 1834, wurden an der Nordmauer der Kirche aufgestellt. Ein Sohn des Pastors Chemnitz war der Dichter des Schleswig-Holstein-Liedes, Matthäus Friedrich Chemnitz. – Die Kirche liegt in Ostwest-Richtung, wobei der Altar im Osten, der Turm im Westen steht.

Der Turm hat eine Höhe von 53,2 Metern. Wegen der spitzen schlanken Form des Turmhelms wird er im Volksmund gern die „Schusterahle“ genannt, wobei man sich daran erinnert, daß in früherer Zeit das Schusterhandwerk in Barmstedt eine beherrschende Rolle gespielt hat. Im Jahre 1864 wurden die Holzschindeln durch Schiefer ersetzt. Turmhahn und Kugel müssen von Zeit zu Zeit, bisher alle 25 Jahre, neu vergoldet werden, zuletzt geschah dies 1962. In der Kugel befinden sich Urkunden und Münzen aus der Zeit seit 1748. Die Turmuhr wurde 1959 erneuert und gleichzeitig eine elektrische Läuteanlage installiert. Von den beiden Glocken wurde die kleinere im Jahre 1741 von J. A. Bieber, Hamburg, gegossen. Sie ist aus Bronze, hat den Ton G und einen Durchmesser von 105 cm. Die große mit dem Ton E ist aus Stahl und wurde 1953 in Bochum gegossen. Ihre Vorgängerinnen aus Bronze mußten in den beiden Weltkriegen abgeliefert werden. Der Turmraum zu ebener Erde, der als Eingang zur Kirche dient, erhielt 1960 eine Holzverkleidung, Heizung und einen neuen Fußboden. Die erste Zentralheizung erhielt die Kirche im Jahre 1901, elektrische Beleuchtung 1916. Im Jahre 1953 wurde unter Anleitung des Leiters der Malerfachschule in Hamburg, Fritz Beyle, eine Innenausmalung der Kirche durch den Malermeister Ernst Stapelfeldt durchgeführt, die 1968 in einzelnen Teilen verändert oder ergänzt wurde.

Betrachtet man die Heiligen-Geist-Kirche als Baukörper, so ist sie ein ehrwürdiges Denkmal kulturellen Gestaltungswillens aus fast einem Jahrtausend. Der behäbige runde Turm, in seinem Mauerkern noch aus Feldsteinen und einst Zufluchtsort in Zeiten der Not und Gefahr, vergegenwärtigt die Stilepoche der Romanik. Der in die Höhe strebende schlanke Turmhelm trägt deutlich das Gepräge der Gotik. Geradezu elegant wirkt der mächtige Hallenbau der Kirche, der bei einem Minimum an Material ein Maximum an Raum umschließt und in ’seiner Innengestaltung etwas von der Gelöstheit und Festlichkeit des Barock verspüren läßt. Für alle Geschlechter aber war es das Gotteshaus, in dem der Mensch Trost und Weisung für Glauben und Leben empfing, in dem ihm gleichzeitig das Bewußtsein vermittelt wurde, Glied in einer großen, lebendigen Gemeinde zu sein.

Daten zur Geschichte der Kirche:

  • 1140 wird zum erstenmal das Kirchspiel Barmstedt erwähnt. Wann die alte romanische, aus Feldsteinen erbaute St. Margarethenkirche errichtet wurde, ist unbekannt. Vermutlich wurde die halbrunde Apsis in der Zeit des gotischen Baustils, nach 1200, durch eine gerade Ostmauer ersetzt.
  • 1627 fiel die Kirche einem Brande zum Opfer und wurde in der Folge nur notdürftig wieder aufgebaut.
  • 1682 erhielt sie eine Orgel.
  • 1717 wurde die Kirche bis auf die Fundamente abgerissen. Nur die Westmauer und der Turm blieben erhalten. Die neue Heiligen-Geist-Kirche wurde am Pfingstfest des Jahres 1718 eingeweiht.
  • 1719/20 wird die neue Orgel eingebaut.
  • 1731 Altarleuchter gestiftet
  • 1732 Kronleuchter gestiftet
  • 1741 Bronzeglocke umgegossen
  • 1754 wurde das Tonnengewölbe erneuert und bis 1756 von Hans Hinrich Morthorst ausgemalt.
  • 1755, 1760 und 1789 wurden die Grabkammern für Schlüter, Söhlenthal und Niemann eingebaut.
  • 1756 wird ein Kirchenstuhlregister für die etwa 1000 Sitzplätze der Kirche eingerichtet.
  • 1767 erhält der Turm Stützpfeiler an der Westseite.
  • 1842 wird der Turm mit Ziegelsteinen ummantelt.
  • 1864 werden die Holzschindeln des Turmhelms durch Schiefer ersetzt.
  • 1896 Erneuerung des Kirchengestühls.
  • 1902 Zentralheizung eingebaut.
  • 1914 Toilettenanbau
  • 1916 Elektrische Beleuchtung
  • 1917 Ablieferung der großen Glocke und der Zinnpfeifen.
  • 1925 neue Bronzeglocke eingeweiht, 1942 wieder abgeliefert
  • 1951/52 Turmsockel ummantelt und Kirchenportal erneuert.
  • 1953 Einweihung der neuen Stahlglocke.
  • 1954 Innenausmalung der Kirche. Heizungsanbau erweitert.
  • 1960 Große Orgelreparatur, Rückpositiv neu eingebaut.
  • 1968 Kirchenjubiläum. Renovierungsarbeiten. Grabungen. Neue Beheizung vom Gemeindehaus aus.
  • 1978 wurde die Höhe des Kirchturms neu vermessen. Ergebnis: Turmspitze 53,2 m, Höhe des Mauerwerks des Turms 18.1 m.

Grabungen in der Kirche 1968:

Von der alten St. Margarethenkirche, die 1717 abgerissen wurde, gibt es keine bildliche Darstellung. Zwar befindet sich auf der alten Karte von Daniel Freese (1588) die Zeichnung einer Kirche in Barmstedt, doch handeltes sich da eindeutig um das Schema einer Kirche, nicht um eine Abbildung der Wirklichkeit. Bekannt war von der St. Margarethenkirche nur, daß es sich bei ihr um eine aus Feldsteinen erbaute romanische Kirche handelte, von welcher der später mit Ziegelsteinen ummauerte Turm heute noch steht.

Im Jahre 1968 wurde im Zuge von Renovierungsarbeiten das Gestühl entfernt und der aus Beton, Ziegelsteinen und Sandsteinplatten bestehende Fußboden aufgenommen. Als man an der Westwand das Holzpaneel entfernte, zeigte sich, daß auch die Westwand noch zum Teil aus Feldsteinen bestand. Es war deutlich erkennbar, daß sie im Gipsgußverfahren errichtet war, d. h. man hatte innerhalb einer Bretterverschalung, Lage um Lage, die Feldsteine in Gipsmörtel eingebettet. Dort, wo die Feldsteinmauerung aufhörte, stießen unsere jugendlichen Helfer in ca. 30 cm Tiefe auf das Fundament der alten Südmauer, das eine Dicke von 90 cm aufwies. Es war verhältnismäßig einfach, durch Probelöcher den Verlauf der Südmauer zu ermitteln, und zwar bis zu der Stelle, wo wegen des Einbaus einer (später zugeschütteten) Grabkammer das ganze Mauerwerk zerstört war. Übrigens stehen die Pfosten der heutigen Emporen auf den Fundamenten der Süd. bzw. Nordmauer.

Als dann in der Fluchtlinie weitergesucht und. etwa 70 cm nach links eingerückt, die Chor-Südmauer festgestellt werden konnte, erschien es angebracht, das Landesamt für Denkmalspflege zu benachrichtigen. Am 4. Juli kamen die Herren Dr. Teuchert und Dr. Ellger und machten sich, unterstützt durch zwei vom Kirchenvorstand zur Verfügung gestellte Hilfskräfte, an die Arbeit. Während sie den Verlauf der Nordmauer ermittelten, ging der Berichterstatter den Komplex von Osten, d. h. vom Altar her, an und stieß auf ein auffallend breites Mauerwerk (130 cm), das in sich eine gerade Ostmauer und den Scheitelpunkt einer halbrunden Apsis vereinte. Die Ostmauer hatte sonst eine Dicke von 75 cm. Die Dicke der Apsismauer schwankte zwischen 75 und 90 cm. Der Apsisbogen, der innen eine Breite von etwa 3,70 m und eine Tiefe von 2,50 m gehabt haben mag, war in seinem nördlichen Teil völlig zerstört, wohl wegen des Einbaus der Grabkammern Niemann und Söhlenthal. Die südliche Hälfte des Apsisbogens aber war, zusammen mit einem Stück des mit Feldsteinen gepflasterten Fußbodens, sehr schön erhalten. Dieser lag etwa 90 cm unter dem heutigen Niveau. Wir haben es an dieser Stelle zweifellos mit dem ältesten Teil der Kirche zu tun. In der Nordostecke des Chores war, etwa 40 cm höher als der alte, noch ein Stück des späteren Fußbodens, ein Estrich aus Gipsbeton, vorhanden. Das besagt, daß nach dem Abreißen der Apsis und der Errichtung der neuen Ostmauer der Boden aufgeschüttet und um 40 cm erhöht worden ist. Genau das gleiche geschah dann im Jahre 1717, als die alte Kirche abgerissen und die Heiligen-Geist-Kirche gebaut wurde: man erhöhte das Fußbodenniveau wiederum um etwa einen halben Meter.

Als dann zu guter Letzt auch noch der Ansatz zum Chorbogen, der Kirchenschiff und Chor trennte, an der Nordmauer gefunden wurde, ließ sich der Grundriß der alten St. Margarethenkirche einwandfrei rekonstruieren. Das alte Gotteshaus besaß also ein Kirchenschiff, 13,70 m lang und 6,40 m breit, an das sich – ein wenig schief – ein Chorraum anfügte, 8 m lang und 5,30 m breit, der ursprünglich mit einer Apsis nach Osten abschloß. Eine Steinpflasterung außen vor der Südmauer könnte darauf hindeuten, daß in der Südwestecke des Chores der Eingang für die Geistlichen gewesen ist.

Da die Renovierungsarbeiten nicht weiter behindert werden sollten. Wurden nun die Grabungen eingestellt. Wenig später deckte ein lückenloser Fliesenfußboden die steinernen Zeugen der Vergangenheit, die Fundamente und Grabkammern, zu, und es ist fraglich, ob je ein menschliches Auge sie wieder zu Gesicht bekommen wird. Für den Geschichtsforscher sind die Grabungsergebnisse deshalb interessant, weil wir hier das einzige Beispiel einer romanischen Feldsteinkirche in so reiner Ausprägung im südwestlichen Holstein haben. Vergleichbare Bauten haben wir heute in den sog. Vizelinkirchen in Ostholstein, z. B. Neukirchen bei Malente und Ratekau, die Richard Haupt so beschreibt: „Ein hoher runder Turm im Westen, ein stattliches, im Innern 10 m breites Schiff.. und östlich der quadratische Chor mit halbrunder Apsis, beides gewölbt. Der Stoff roher Feldstein, aber alles in Gipsguß gebettet.“ (,.Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, 6. Band, Heide in Holstein 1925“, Seite 516.) Im Unterschied zur alten Barmstedter Kirche sind die Vizelinkirchen alle später und vor allem größer. Die Kleinheit der St. Margarethenkirche, an der in einem halben Jahrtausend kaum etwas geändert wurde, ist ein auffallendes Merkmal. zumal sie das Gotteshaus eines sehr großen Kirchspiels und zuletzt die Residenzkirche der Grafschaft Rantzau war.

Über die oben beschriebenen Ausgrabungen berichtet von kompetenter Seite Dr. Dietrich Ellger in: „Nordelbingen, Beiträge zur Kunst- und Kulturgeschichte. Band 38. Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co.. Heide in Holstein 1969“, Seite 206 f.

Nun noch einige Bemerkungen zu den Grabkammern. Im Kreuzungspunkt der Hauptgänge befand sich unter einer beschrifteten Grabplatte der Einstiegsschacht zur Gruft des Organisten Johann Schlüter (1755), zu der vom Westen eine .zugeschüttete Treppe führte. Die Grabkammer selbst, knapp mannshoch, hatte eine leicht gewölbte Decke und einen mit glasierten Fliesen belegten Fußboden. Die Gruft des Administrators Joh. Otto Niemann (1783-89) war kenntlich durch eine Grabplatte im Mittelgang vor dem Altar. Die bis dahin unbekannte Lage der Grabkammer des Administrators Georg Wilhelm Baron von Söhlenthal (1838-68) konnte durch einen zur Nordmauer führenden Luftschacht ermittelt werden. Hier ruhen in drei Särgen Söhlenthal und seine beiden Gemahlinnen. Eine vierte Grabkammer ist nach Erinnerung noch Lebender wohl 1953 zugeschüttet worden.

Wie es zum Neubau der Kirche in Barmstedt kam

Nach Auskunft der Gemeindechronik wurden im Jahre 1627 Pfarrhaus und Kirche „von dem Kayserlichen Kriegs Volck gantz und gar in die Aschen gelegt“. Über die damaligen Zustände schreibt der spätere Pastor Rode (1676-1711): „Zur selbigen Zeit war unser Kirchspiel, welches mehr denn 20 Dörfer hat, so gar ausgestorben und die Leute dergestalt zerstreut und verjaget worden. daß nach dem Kriege die gantze Gemeinde nicht über 20 bis 30 Leute starck gewesen“. Nach dem Abzug der Feinde im Juni 1629 kehrten allmählich die Menschen aus ihren Verstecken und Zufluchtsorten zurück und machten sich an den Wiederaufbau ihrer Heimstätten. Es dauerte aber noch viele Jahre, bis auch Kirche und Pfarrhaus notdürftig wiederhergerichtet werden konnten. Noch 1638 und später richteten die Barmstedter Bittschriften an ihre Landesherren, um Geldmittel für den Bau und die Besserung ihrer .,verdorbenen. ungestalten Kirche“ zu erhalten (siehe H. Dössel, Bd. I, Seite 87). immer neue Einquartierungen, Kriegskontributionen und schließlich Plünderungen im Schwedenkrieg 1643-45 ließen die Bevölkerung nicht zur Ruhe kommen.

Im zweiten Schwedenkrieg wurde im Jahre 1657 auch die Elmshorner Kirche zerstört. Zu ihrem Wiederaufbau schrieb der Graf Christian Rantzau im April 1660 eine Kollekte aus, und im Jahre darauf konnte sie, wenn auch nicht ganz vollendet, wieder eingeweiht werden. Graf Christian, durch den 1650 aus dem Amt Barmstedt die Grafschaft Rantzau geworden war, ließ in Elmshorn für bedürftige Bürger ein Präbendenstift errichten. Er war es auch, der das „Haus Barmstede“ auf der Krückauinsel, das bis dahin der Sitz der schauenburgischen Amtmänner gewesen war, zum „Schloß Rantzau“ um- und ausbauen ließ. Es scheint, daß diese Bauarbeiten in seinem Todesjahr 1663 abgeschlossen gewesen sind.

Sein Nachfolger, Graf Detlef, hat manches für die Förderung des kirchlichen Lebens getan. Er richtete 1668 in Barmstedt eine zweite Pfarrstelle ein und berief als ersten Propst der Grafschaft Rantzau den Lizentiaten Johannes Lassenius. 1669 ordnete er die Anlegung von Kirchenbüchern an. Graf Detlef machte sich ernsthafte Gedanken über den Neubau einer Kirche in Barmstedt. Davon zeugt der Entwurf eines Briefes an Lassenius, der inzwischen an die deutsche St. Petri-Kirche in Kopenhagen gegangen war. Der Graf bittet ihn, in der Kopenhagener Gemeinde eine Kollekte für den beabsichtigten Kirchenbau in Barmstedt durchzuführen. Einen weiteren Brief richtete er 1694 an seinen Inspektor auf Rantzau, der angefragt hatte, wie er einen den Untertanen zustehenden Fonds von 200 Reichstalern verteilen solle. Der Graf antwortete (nach H. Dössel, IV. Heft, 5,8): „Wir haben hochnötig ermessen, daß die Kirche zu Barmstette erweitert und zu der Kirchspiels=Leute Beste (damit sie nicht aus der Kirche, wie öfters geschiehet, bleiben dürfen) in besseren Stande gebracht werde, und dann diese den Kirchspiels Leuten nicht besser denn zu diesem Bau können employieret werden..“ Der Inspektor Bocatius erhält die Weisung, fernerhin auf Vermehrung dieses Fonds bedacht zu sein. Graf Detlef sollte diesen Bau nicht mehr durchführen. Er starb im September 1697 und hinterließ zwei Söhne und eine Tochter, Christian Detlef (geb. 1670), Wilhelm Adolf (geb. 1688) und Catharina Hedwig (geb.1683).

Christian Detlef, als regierender Graf zunächst ausgestattet mit allen Ämtern und Würden, die auch sein Vater hatte, Kaiserl. Geheimer Rat und Kammerherr, Königlich dänischer Vizestatthalter und Amtmann zu Rendsburg usw., verfeindete sich nach und nach mit allen und jedem:

Mit dem dänischen König, weil er von seinem Vater eingegangene Verträge nicht einhielt. Bei einem erregten Disput in Glückstadt hätte ihn der König Friedrich IV. um ein Haar mit seinem Degen getötet.
Mit seinen Untertanen, weil er mit großer Härte immer mehr Geld aus ihnen herauszupressen versuchte. Des öfteren wurden Mordanschläge gegen ihn verübt.
Mit seinem Bruder wegen Erbstreitigkeiten.
Mit dem Herzog von Gottorf, weil dieser die Grafschaft wieder in seinen Besitz zu bringen versuchte.
Schließlich wurde er, als er im Jahre 1715 in Berlin Hilfe gegen seine Widersacher suchte, vom preußischen König in Festungshaft genommen und fünf Jahre lang festgehalten. Daß er für einen Neubau der Kirche in Barmstedt, wie überhaupt für die Belange seiner Untertanen wenig Interesse zeigte, daran besteht kein Zweifel.

Anders stand es mit seinem jüngeren Bruder. Der damalige Neuendorfer Pastor Christian Grassau berichtet in seiner Chronik, daß Wilhelm Adolf, nachdem er 1715 das ihm zugesprochene Gut Neuendorf in Besitz genommen habe, er auf „inständiges Verlangen der dasigen Untertanen“ auch in die Grafschaft Rantzau gekommen sei und hier zunächst als Administrator, dann aber als regierender Graf aufgetreten sei. Am 31.10.1715 heiratete er ein Uetersener Klosterfräulein, die Comtesse Charlotte Louise von Wittgenstein. Er war es, der, nach einer Eintragung im Kirchenbuch, im Jahre 1717 den Befehl zum Abbruch der alten St. Margarethenkirche und zum Bau der neuen Kirche gab.

Die Nachrichten über die Begleitumstände des Kirchenbaues sind äußerst spärlich. Wir haben ein Kollektenbuch, „in welchem specificiret, was sowohl die Hochgräflich Rantzauischen Bedienten zu Drage und einige andere christliche Persohnen als auch die Eingepfarreten zu Breitenberg, Münsterdorff und Aspe zu Erbauung der Kirchen zu Barmstedt in der Reichsgrafschaft Rantzau in Anno 1717 verehret haben“. Es hat die Nummer 2 und weist als Ergebnis der Sammlung einen Betrag von 94 Reichstalern und 2 Schillingen aus (30. Sept. 1717).

Vorhanden ist ferner ein Kostenanschlag und Bauplan des Hamburger Baumeisters Johann Lorentz Nerger, der dann auch den Bau durchgefiihrt hat. Er veranschlagte die Kosten auf 16 300 Mark (nach anderer Quelle 6500 Reichstaler), (Nach H. Dössel, IV. Heft, 5.9).

Bedenkt man die spannungsgeladene Situation von damals – der rechtmäßige Graf konnte jeden Tag aus Berlin zurückkehren -, dann bekommt ein Festgedicht, das der Herzhorner Pastor Essmarch zur Einweihung der Heiligen-Geist-Kirche am Pfingstfest 1718 dichtete, eine besondere Note. Es ist mitgeteilt in der Zeitschrift für schl.-ho|st. Geschichte. Bd. 18, Kiel 1888, Seite 237.

„Du hochgebohrner Graf, Du Zier der Hohen Ahnen,
Ergetzung, Trost und Licht der treuen Untertanen, Ihr weiser Salomon, Du, deines Hauses Glantz, Dir flicht die Ewigkeit den grünen Lorber=Krantz, Der unverwelklich ist. Dein Ruhm, dein Ehre schwebet Beim Süd= und Norder=Pol, und blühet alle Zeit. Du bist und bleibest stets ein Sohn der Ewigkeit. Du sahest, wie es hier, in deinem Barmstedt ginge, Wie Deines Gottes Haus fast nur zusammenhinge. Es dräute den Ruin. Zudem wars viel zu klein, Es konnte kümmerlich das halbe Volk hinein. Dies alles sahest Du. Jedoch nicht ohne Schmertzen. Dich jammerte des Volks. Die Noht ging Dir zu Hertzen. Du dachtst auf Besserung und zeigetest dabey, Daß Dir Dein Unterthan ans Hertz gewachsen sey. Wie? sprachst Du, Sollen denn die zu dem Tempel gehen, Dem schönen Gottes=Dienst des Herren nicht zusehen? Die Helffte steht von fern. Die Hellfte geht hinein. Nein. Der Desordre muß bald abgeholffen seyn. Du sorgtest also fort für deines Gottes Ehre. Du sorgtest für sein Haus und für die reine Lehre. Du sorgtest für dein Volk und dessen Seeligkeit. Es trieb dich Gottes Geist, und machte Dich bereit Zu einem neuen Bau. Den sieht man jetzo stehen So, daß nichts köstlichers, nichts schöners ist zu sehen, So weit als Holstein gränzt. Es schaut ihn jedermann Zu deinem höchsten Ruhm, fast mit Verwundrung, an. Dein Barmstedt danket Dir, es fallt dir zu den Füßen. Es wünschet deiner Huld noch lange zu genießen. . _ …Es wird in aller Welt Dein Name hochgeschätzet. Denn Wilhelm Adolph steht den Sternen eingeätzet. Charlotta steht dabey. Das Haus von Witgenstein

Muß mit des Rantzau Ruhm allzeit verknüpfet seyn „

Gewiß, der Stil des Gedichtes wird von uns als unerträglich empfunden. Aber diese Ausdrucksweise war in der Zeit des Barockstils allgemein üblich, und gerade das Schicksal des so hoch Gepriesenen kann uns lehren, wie sich alles ins Gegenteil verkehren kann, wenn sich Dank und Lob allein auf einen Menschen und nicht auf Gott richten. Ganz sicher hätten die gräflichen Untertanen gerne den Grafen Wilhelm Adolf als ihren Landesherrn behalten. Aber was galt damals schon der Wille der Untertanen? Darauf konnte Wilhelm Adolf seine Stellung nicht bauen.

Als im Jahre 1720 Graf Christian Detlef zurückkehrte und seinen Bruder aus der Grafschaft vertrieb, nahmen die Dinge ihren makabren Verlauf. Christian Detlef wurde am 10.11.1721 im Voßlocher Wald erschossen. Wilhelm Adolf, nun regierender Graf , ließ nach den Mördern fahnden, wurde aber dann vom dänischen König der Anstiftung zum Morde besichtigt und zu lebenslanger Festungshaft verurteilt, in der er 1734 starb. Die Grafschaft Rantzau wurde daraufhin vom König in Besitz genommen.

So verging der Glanz eines Grafenhauses. Geblieben ist die HeiIigen-Geist-Kirche und die sich in ihr unter Gottes Wort versammelnde Gemeinde. Vielleicht betrachten wir im Wissen um all diese Zusammenhänge ein wenig nachdenklicher das „Soli Deo Gloria“ unter der Orgel, besonders aber den Patronatsstuhl mit den Wappen derer von Rantzau und derer von Wittgenstein und die Inschriften „Feliciora Volo“ (siehe S. 2) und „Angenehme Zeiten“. Der Mensch denkt, Gott lenkt.

Der Aufsatz im Original

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